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Mal so'n richtigen Gürtellinienkracher!

■ Im Gespräch: Fernseh-Nachtschwester Maren Kroymann über Witzniveau, Titanic-Männer, Menstruation und homoerotische Geständnisse

taz: Ihre Satiresendungen entstehen in Zusammenarbeit mit Titanic-Leuten. Zuerst Simone Borowiak, neuerdings Hans Zippert. Wie gestaltet sich denn die Zusammenarbeit mit Herrn Zippert?

Maren Kroymann: Das erste Mal, als wir uns getroffen haben, haben wir gekuckt, ob wir blödeltechnisch eine Ebene finden und ob das fröhlich ist. Wenn wir uns heute treffen, sitzen wir uns gegenüber, blödeln etwas, und was uns gefällt, schreiben wir auf. Dann wird beschlossen, wer was ausformuliert, dann wird das geschrieben. Und wir schicken das dem Redakteur Rolf Tiesler und dem Regisseur Thomas Nennstiel. Die machen harte Kritik und geben uns das noch mal zurück. Meist müssen wir kürzen.

Diese Titanic-Männer sind doch alles alte Chauvis.

Och. Ich hab mich jetzt nicht mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt. Im Verhalten ist er keen Chauvi. Er hat 'ne Frau und zwee Kinder, und als ich das erste Mal zu Hause etwas kochte, so ein Salätle, Gemüse und so, da suchte er sofort völlig anstellig die Schubladen und Töpfe und hat sich gut eingegliedert. Nun weiß er ja auch, was so meine Schwerpunkte sind.

Sind Sie eigentlich eine feministische Witzefrau?

Humor ist ja meistens: Es lachen Männer über Frauen, kommt eine Frau zum Frauenarzt und so. Das möchte ich gerne umkehren. Ich habe gerne mal den Witz, wo ein Mann sich ausgeschlossen fühlt. So hatten wir vor zwei Jahren eine Bindenreklame, das war ja ein Herzensanliegen von mir, ein Menstruationsthema zu nehmen. Da hieß es zum Beispiel: „Ich hatte doch neulich mal so eine schlimme Zystengeschichte, da hab ich geblutet wie ein Schwein. Aber die Super Plus-Binde war stärker.“ Das war ein ausgesprochen polarisierender Sketch: Die Frauen im Publikum haben wirklich schräg gelegen vor Lachen, und die Männer haben haben sehr schmallippig mitgelacht. Die Männer im Funkhaus, in den anderen Redaktionen, sagten dann: Tut mir leid. Aber: Ich find's nicht komisch. Det fand ich ziemlich prima.

Sie haben mal gesagt: „Sie glauben nicht, was Humor für eine Mühe macht.“

Schwierig an so einer Sendung ist, daß sehr viele Ideen in viele kleine Fitzel gehen. Das ist mühsam. Da ist eine gute Grundidee, und die ist nach zweieinhalb Minuten verpufft. Dabei könnte man diese Ideen auch auf eine Vietelstunde strecken. Es ist eine unökonomische Art, Humor zu produzieren.

Humorverschwendung?

Sozusagen, ja. Ansonsten ist Humor schwer, weil er so extrem präzise gearbeitet sein muß, weil es auf jede Nuance ankommt. Ich habe ja auch Familienserien gemacht und weiß, was da an Drehbüchern rumläuft. Wenn da mal eine uninspirierte Szene ist, kommt man trotzdem durch, weil man eine Figur hat, die das trägt. Wir aber haben für jeden Sketch eine neue Figur, die muß einzig für diesen Sketch stimmen.

Ich habe gelesen, daß Ihnen einemal „ein homoerotisches Geständnis Schwierigkeiten bereitet hat“.

Ich war jetzt nicht mehr viel in Fernsehrollen zu sehen, und die Leute denken: weil sie sich geoutet hat als Lesbe. Was stimmt: Seit diesem Lesben-“Stern“ (der „Stern“ hatte im September 1993 eine Outing-Aktion im Blatt / B.S.) habe ich ein Jahr lang keine Rollenangebote mehr gekriegt. Aber: das war auch genau die Zeit, als ich von Serie auf das Satirefeld wechselte. Für einen normalen Schauspieler ist das Humorgewerbe ja ehrenrührig. Es gibt kaum Leute, die beide Fächer abdecken. Mein Ehrgeiz ist, daß ich das schaffe. In Deutschland ist es doch so: Wenn ich Satire mache, da muß ich gar nicht lesbisch sein, um keene Rollen zu kriegen. Natürlich habe ich mir bei den Familienserien im Vorabendprogramm einen schlechteren Stand durch das Outing gemacht. Aber da habe ich vielleicht ja auch mein Pensum abgeleistet mit Vera Wesskamp, verlagere ich mich eben auf andere Rollen und komm ein bißchen von meinem Mutterfach weg.

Waren Sie damals mutig?

Na ja, es gibt keine Schauspielerin, die es bis jetzt gemacht hat. Die, die lesbisch sind, sagen es nicht. Es gibt Hella; aber bei Komikerinnen ist es noch eher akzeptiert. Bei mir als Schauspielerin haben sie Angst, daß das Publikum mich nicht mehr in der Heterorolle akzeptiert. Was heißt mutig? Ich war als Serienmutter bekannt, das hatte eine Wirkung. Ich war eine richtige Mainstream-Person, und gerade solche müssen det sagen. Damit die Leute sagen, kuck mal die, hätten wir jetzt nicht gedacht, die ist doch eigentlich ganz nett. Diesen Effekt will ich.

Bitte noch einen Satz zum Witzniveau. Titanic-Witz funktioniert ja bisweilen unter der Gürtellinie.

Bin ich auch ganz dafür! Einer meiner Liebbligssketche war eine deftige Mobbing-Nummer. Da wurde das einfach umgedreht, die dreckigen Witze wurden genauso krude auf die Männer gewendet. Das ist die richtige Strategie. Wir wollen ja nicht nur den feinen, feministischen Oberschicht-Lehrerinnenwitz haben. Diese Sexwitze so zu wenden, daß die Frauen die sind, die lachen, find ich völlig richtig. Zwischendurch mal so 'nen richtigen Gürtellinien-Kracher: find ich o.k.

Fragen: Burkhard Straßmann

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