Vetterleswirtschaften

■ In Baden-Württemberg dürfen jetzt Geschiedene zusammen in den Gemeinderat

Berlin (taz) – Schwaben sind sparsam. Wenn der Schwippschwager als Bauleiter arbeitet und vier Sack Zement unter der Hand zum Einkaufspreis besorgen kann ... – wird gemacht, gell. Schwaben sind pfiffig. Wenn „dem Karle sei Jonger“ (O-Ton) auf dem Amt für öffentliche Ordnung sitzt, kann der dem Kegelkumpel des Vaters doch bei der Genehmigung fürs ... – kein Problem, gell.

Schwaben sind erfinderisch. Für diese Art der Vorteilsnahme und Dienstbarkeit haben sie eine mundartliche Formulierung kreiert: Vetterleswirtschaft. Anderswo heißt das: Eine Hand wäscht die andere. Das Gesetz natürlich kennt die Anfälligkeit der Schwaben für solch unredliches Treiben und hat vorgesorgt: In einer baden- württembergischen Vorschrift stand, daß in Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern geschiedene Eheleute nicht gleichzeitig im Gemeinderat sitzen dürfen. Bis gestern war das so. Dann sprach das Bundesverfassungsgericht: Grundgesetzverstoß! Artikel 28! Künftig also dürfen in Langentrudingen Herr Pfleiderer für die SPD und Frau Stiefel geschiedene Pfleiderer für die Grünen ins Rathaus – wiedervereint. Drohen jetzt am Neckar Seilschaften und Sumpf, Filz und Mafia? I wo. Wer je die Sendung „Ehen vor Gericht“ gesehen hat, weiß um die zerstörerische Wucht des Ehebundes. Frisches Leben wird einziehen in die Gemeinderäte des Südens: „Was der alte Sack da eben formulierte ...“ „... bitte ich, den Antrag dieser infamen Zicke ...“ Tassen fliegen, Papiere werden zerrissen, Tränen fließen ...

Und nicht zu vergessen: Lothar Späth und seine „Maultaschen- Connection“ waren weder verwandt noch verschwägert. Gell? thöm