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Nürnberger Ärzteprozeß

■ 50 Jahre danach: Prozeßakten erstmals auf deutsch?

Ende dieses Jahres jährt sich zum fünfzigsten Mal der Beginn des Nürnberger Ärzteprozesses, in dem die Verbrechen der Ärzte im Nationalsozialismus verurteilt wurden. Die Akten, die diesen Prozeß dokumentieren, wurden bisher nur in englisch und französisch veröffentlicht. „Es ist ein Skandal, daß die Dokumente gerade auf deutsch noch nicht erschienen sind“, sagt Klaus Dörner, Professor an der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie in Gütersloh. Er bereitet deshalb die Veröffentlichung einer deutschsprachigen Ausgabe des Materials vor.

Dörner beschäftigt sich schon seit Jahren mit den Psychiatrieverbrechen im Nationalsozialismus. „Ich habe mich Zeit meines Lebens mit der Frage herumgestritten, wie es möglich war“, sagt Dörner, selbst Jahrgang 1933, „daß im Dritten Reich so viele Ärzte sich in Verbrechen verstricken ließen, obwohl man davon ausgehen muß, daß sie vermutlich nicht besser und nicht schlechter waren als ich.“

Seit 1980 haben Ärzte begonnen, sich mit der Geschichte der Medizin im Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Seit 1983 gibt es einen „Arbeitskreis zur Erforschung der NS-Psychiatrie“, in dem Mitarbeiter von Landeskrankenhäusern mit Historikern zusammenarbeiten.

Dörner möchte die Dokumente zum einen als Gesamtausgabe auf Mikrofiche herausgeben, die sich besonders an Fachkreise richtet. Zum anderen soll aber auch eine Version erscheinen, die für ein breiteres Publikum interessant ist. „Die Dokumente“, sagt Dörner, „sind sowohl für unser ärztliches Selbstverständnis als auch für die historische und medizingeschichtliche Forschung und die medizin- ethische Diskussion von unschätzbarem Wert.“

Seit Jahren versucht Dörner sein Projekt umzusetzen. In Zusammenarbeit mit der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts wurde ein Konzept erstellt, um die Quellen zu veröffentlichen. Die Stiftung übernimmt die wissenschaftliche Begleitung des Projekts. Sie erstellte ein medizinhistorisches Gutachten und entwickelte einen Kostenvoranschlag: 440.000 Mark braucht Dörner für die Veröffentlichung der Prozeßakten.

Das Geld hofft er von der Zunft selbst zu bekommen – durch Spenden der Ärzte. Allein 38.000 hat er bereits mit Unterstützung der Ärztekammer Nordrhein angeschrieben. Hinzu kommen Hunderte im Raum Gütersloh. Etwa zehn Prozent der angeschriebenen Ärzte, so Dörner, haben bisher geantwortet.

Infos: Klaus Dörner, Westfälische Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie Gütersloh, Tel.: (05241) 502-01 und Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, Hamburg, Tel.: (040) 437232. adi

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