Werft-Arbeit ist ungesund

■ Was Vulkanesen krank macht. / Schritt zum sozial- und umweltgerechten Schiff.

So ein Schiff ist eine ziemliche Umweltsauerei. Hochgiftiger Antifouling-Lack reibt sich unter Wasser ständig ab, Schmieröl tröpfelt aus dem Motor. Für Werftarbeiter und Matrosen sind Bau und Betrieb eines Schiffes auch kein Zuckerschlecken. Die Arbeitsbedingungen in den Docks und an Bord sind nicht immer „sozial verträglich“.

Eine Gruppe von Arbeitern der Vulkan-Werft in Vegesack hat sich deshalb auf den Weg zum „Sozial- und umweltgerechten Schiff“ begeben. Nun liegen die Ergebnisse einer Befragung der Vulkanesen zu ihren Arbeitsbedingungen und Berufskrankheitenm vor.

Rolf Spalek, Sprecher des von der IG-Metall organsierten Arbeitskreises, verteidigt das Projekt gegen Kritiker, die auch in der Vulkan-Chefetage säßen. Sie sehen darin einen Luxus, den man sich nicht leisten könne, wenn der Schiffbau an deutschen Küsten ums Überleben kämpft: „Sozial- und umweltverträgliche Schiffe sind der Markt von Morgen. Wir legen hier die Basis für den zukünftigen Schiffbau“.

1400 Fragebögen hatten Spelak und sein Dutzend Mitstreiter auf der Werft verteilt, 689 wurden ausgefüllt zurückgegeben. Darin gaben die Kollegen an, welche Belastungen an ihrem Arbeitsplatz auftreten, an welchen Krankheiten sie leiden, ob sie in Schichten malochen, Überstunden schieben und was ihre Arbeit erträglicher machen könnte.

Fast alle Vulkanesen klagen über Staub, vier von fünf fühlen sich vom Lärm, Zugluft und Nässe geschädigt. Fast 80 Prozent atmen giftige Dämpfe und Gase ein. Schweres Heben und Tragen sowie verbreitetes Unfallrisiko machen drei von vier Vulkanesen das Leben schwer. Rückenschmerzen, Kopfweh, Mattigkeit, Nervosität und Hustenreiz sind die Folgen.

Nun könnte man diese Belastungen als im Schiffbau unvermeidbar darstellen. Wenn aber die absolute Mehrheit der Arbeiter über Hetze durch Termindruck, falsche Planung, schlecht organisierte Arbeitsabläufe und fehlerhafte Zeichnungen klagen, wenn sie schlechtes Material und veraltete Maschinen beklagen, dann ist das Management gefordert.

„Die Kollegen sehen die Mängel doch viel eher als jede Unternehmensberatung“, sagt Fritz Bettelhäuser, Ex-Betriebsrat und einer der Gründer des Arbeitskreises. Verbesserungen ließen sich von unten nach oben viel besser durchsetzen als umgekehrt.

Belastungen und Beschwerden durch Krankheiten werden nun gegenübergestellt, um Arbeitssituationen zu verbessern - zum Wohle der Beschäftigten und der Umwelt. „Im Unterschied zu anderen Verfahren der Öko-Bilanzierung, die nur Stoff-Ströme erfassen, sind in unserer Methode die Menschen mit drin“, wirbt Bettelhäuser. Die Vorschläge würden im Arbeitssicherheits-Ausschuß von Geschäftsleitung, Sicherheitsabteilung, Werksarzt und Betriebsrat beraten.

Die Umstellung der Arbeitsplätze werde Geld kosten, wissen die Initiatoren. Weniger Krankmeldungen bedeuteten aber auch geringere Kosten für die Betriebskrankenkassen, weniger Arbeitsunfähige entlasteten die Berufsgenossenschaft, gesunde Arbeiter seien leistungsfähiger als solche, die durch giftige Dämpfe eingelullt würden.

Der Betriebsrat werde aus den Ergebnissen der Studie Forderungen entwickeln, die auch in Tarifverträge einbezogen werden könnten, kündigte Spalek an. Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und Betriebe verfolgten die Arbeit der Vulkanesen sehr genau, so Spalek. Reedereien hätten aber noch kein Interesse am umweltgerechten Schiff angemeldet. jof