: Peter Mecklenburg ist tot
■ Ein Nachruf auf einen engagierten Kämpfer, der – von der Öffentlichkeit meist unbemerkt – viel bewirkte
Peter Mecklenburg ist tot. Der langjährige Innen- und Justizreferent der GAL erlag gestern, neun Tage nach seinem 50. Geburtstag, seinem schweren Krebsleiden.
Mecklenburg – unter Parteikollegen und Freunden kurz „Mecki“ genannt – gehörte seit über einem Jahrzehnt zu den markantesten Persönlichkeiten grün-alternativer und linker Politik in Hamburg. Über zehn Jahre lang war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der GAL-Bürgerschaftsfraktion. Er glaubte aber nicht sonderlich an die Wirkung flammender Parlamentsreden, Mecki agierte lieber – von der Öffentlichkeit meist unbemerkt, aber umso wirkungsvoller – aus der zweiten Reihe.
Peter Mecklenburg war ein Mensch der Tat, er war sooft es ging vor Ort, an der Basis. Häufig wandte er unkonventionelle Methoden an, wenn es galt, politische Gegner in die Defensive zu bringen; viele, die ihn nicht genau kannten, empfanden sein Vorgehen oft als chaotisch – doch er hatte ein Gespür dafür, was wann und wie ans Licht der Öffentlichkeit gebracht werden mußte.
Ohne Zurückhaltung griff Mecki Mißstände auf, kaum eine Konfliktsituation auf der Straße oder im Knast, ohne daß der GALier nicht aufzuklären oder zu vermitteln versuchte, um eine Eskalation mit den Staatsorganen zu verhindern – oder diese auch zu suchen, wenn es als adäquates Mittel erschien.
Peter Mecklenburg setzte sich für alle ein, die von staatlicher Repression betroffen waren, und vor allem für Häftlinge. Aufgrund seiner Geschichte konnte er sich in die Situation der Strafgefangenen in den Hamburger Knästen versetzen. Seine eigene Erfahrung im Jugendknast und das Wort Mahatma Ghandis 'Wollt ihr die Kultur eures Volkes kennenlernen, dann geht in seine Gefängnisse' habe ihn, so sagte Mecki gern selbst, „all die Jahre getragen“. Er deckte diverse Mißstände durch persönliche Recherche und Gespäche mit den Inhaftierten der Gefängnisse auf, er konnte durch sein Einschreiten die Haftsituation von vielen Straf- und politischen Gefangener verbessern.
Durch spektakuläre Aktionen deckte Peter Mecklenburg Skandale auf. So im Parlamentarischen Untersuchungsausschuß Hafenstraße den Behörden- und Verfassungsschutzkomplott gegen die BewohnerInnen am Hafenrand; er lockte Ex-Verfassungsschutzschef Christian Lochte so aus der Reserve, daß er zugeben mußte, die Hatz auf die HafensträßlerInnen geschürt zu haben. Er überführte Verfassungs- und Staatsschutz sowie Bundesnachrichtendienst illegaler Praktiken, er versuchte eine weitergehende Aushöhlung der Bürgerrechte zu verhindern und den Spitzelstaat zu unterbinden.
Durch seine entschlossene Vorgehensweise geriet Mecklenburg oft selbst ins Visier des Knast-, Justiz-, Polizei- und Regierungsapparats. Durch diverse Diffamierungskampagnen versuchten seine Kontrahenten mehrfach, den unbequemen Kritiker mundtot zu machen – vergeblich.
Erstmals tauchten vor zwei Jahren schwere gesundheitliche Probleme auf. Die Hoffnung, den Krebs besiegt zu haben, wurde vor wenigen Wochen durch ärztliche Diagnose zunichte gemacht.
Dennoch kämpfte Peter Mecklenburg weiter – bis zuletzt. Trotz starker Schmerzen nahm er noch Anfang Dezember an der Demonstration gegen die Kriminalisierung der Zeitschrift „radikal“ teil: „Ich wollte noch einmal mit der alten Crew auf eine Demo“, so seine Worte vor wenigen Tagen.
Auch wir haben Peter Mecklenburg viel zu verdanken. Als die taz hamburg Anfang der achtziger Jahre in den Kinderschuhen steckte, war Mecki für viele JungredakteurInnen nicht nur ein wichtiger Informant, sondern auch ein ausgezeichneter Berater, was die Bereiche Polizei, Geheimdienste, Staatsschutz und Knastapparat anging.
Sein Tod hinterläßt eine tiefe Lücke. Es scheidet nicht nur ein engagierter Kämpfer und Politiker, viele verlieren in Mecki einen zuverlässigen Freund. Die gemeinsamen Zeiten und die politische Zusammenarbeit werden diejeneigen, die ihn gut kannten, nicht vergessen. taz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen