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Transrapide Kosten

Der Bundesrechnungshof zerreißt die Finanzprognosen der Regierung für den Transrapid in der Luft  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Die Kassenprüfer in Frankfurt weisen der Bundesregierung nach, daß ihre Berechnungen zum Transrapid vorn und hinten nicht stimmen. „Der Bundesrechnungshof erwartet infolge der Trassenverlängerung in die Berliner Innenstadt erheblich über den derzeitigen Schätzungen liegende Fahrweginvestitionen“, heißt es in einem Bericht, der nächste Woche im Bundestag vorgestellt wird. Ein Quadratmeterpreis von 100 Mark sei unrealistisch. Die Bahn AG, der die meisten Grundstücke gehören, werde marktübliche Preise verlangen. Außerdem seien zahlreiche Zusatzkosten nicht einberechnet: Tunnel, Lärmschutzwände, Baustraßen und Vorsorgemaßnahmen für Unfälle. Auch sämtliche Kosten für eine Verzögerung der Planung wird der Staat tragen müssen. Nach früheren Rechnungen sollten 1996 bereits 268 Millionen Mark im Bundeshaushalt für den Transrapid zur Verfügung stehen. Tatsächlich ist für 1996 nur eine einzige Million ausgewiesen. „Ein detaillierter Zeitplan für die Erledigung der einzelnen, noch ausstehenden Arbeiten existiert nicht. Völlig ungewiß ist auch die Dauer der Testphase bis zur Zulassung als öffentliches Verkehrsmittel,“ schreibt der Rechnungshof.

Auch bei den Fahrgastprognosen wird gemogelt. Die Bundesregierung legt veraltete Annahmen zugrunde, die einen niedrigeren Fahrpreis ermittelt hatten. Inzwischen soll der Magnetbahntrip von Hamburg nach Berlin 90 Mark kosten – einfache Fahrt. Trotzdem wird weiter von 14,5 Millionen Fahrgästen ausgegangen. „Das sind fünfmal so viele Menschen, wie heute auf der Strecke mit sämtlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind“, erklärt Andrea Meyer, Verkehrsreferentin von Robin Wood. Und auch der Bundesrechnungshof findet, daß die Zahl um einige Millionen zu hoch gegriffen sein kann. Der weit vor die Tore von Schwerin verlegte Haltepunkt könnte die Passagierzahlen ebenso drücken wie das Fehlen von Parkplätzen an den Endhaltestellen. Insbesondere in Hamburg ist unklar, wo die Autos abgestellt werden sollen. „Gutachter sehen die Anbindung des motorisierten Individualverkehrs an den Hamburger Hauptbahnhof als technisch schwierig und mit dem Ziel einer konsequenten Verkehrsberuhigung der Hamburger Innenstadt nicht vereinbar an“, heißt es in dem Bericht.

Der Hamburger Senat hat außerdem klargemacht, daß er sich für den Bau von Parkhäusern nicht zuständig fühlt. Doch Thyssen Henschel, an der geplanten Betreibergesellschaft beteiligt, sieht darin kein Problem. In der ebenfalls nächste Woche vorgelegten Stellungnahme heißt es: Geht man von flughafenüblichen Parkgebühren „von ca. 15 bis 25 Mark/Tag Entgeld aus, sind etwa 4.000 bis 5.500 Mark Kostendeckungsbeitrag pro Stellplatz und Jahr möglich.“ Dabei wäre höchstens eine Milliarde Mark nötig, um die Schienenstrecke Hamburg-Berlin so auszubauen, daß die Züge nur noch 95 Minuten unterwegs wären, rechnet der Rechnungshof vor. Der Transrapid, für dessen Trasse 1993 etwa 5,6 Milliarden Mark veranschlagt waren, soll nur 35 Minuten schneller sein. Damit die Differenz größer bleibt, darf die Bahn die Strecke nicht ausbauen und hat dafür einen Erlösausfall von 150–200 Millionen Mark berechnet – ebenfalls zu Lasten des Bundeshaushaltes. Die Kassenprüfer fordern die Bundesregierung auf, sich nicht weiter von den privaten Partnern über den Tisch ziehen zu lassen: „Aus der Trennung zwischen Fahrweg und Betrieb und der Tatsache, daß die Auftraggeber für den Fahrwegbau später Gesellschafter der Betriebsgesellschaft sein werden, könnten sich Schwierigkeiten ergeben. Die Auftragnehmer dürften ein großes Interesse daran haben, den Bundesanteil an den Kosten für das Gesamtsystem möglichst groß zu halten, Risiken möglichst in den Zuständigkeitsbereich des Bundes zu legen, um selbst mit dem späteren Betrieb möglichst wirtschaftlich arbeiten zu können.“

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