: „Am rechten Rand eine Linie ziehen“
■ Machtkampf in der FDP voll entbrannt. Vorstand will am Dienstag über Ausschlußverfahren gegen Rechte beraten
In der Berliner FDP ist der Machtkampf in vollem Gange. Der neue FDP-Landesvorsitzende Martin Matz will den Vormarsch der Rechten stoppen. Doch auch die Nationalliberalen geben sich ungeachtet ihrer Niederlage auf dem letzten Parteitag siegessicher.
„Wir bleiben trotz Widerstand bei unserer Absicht zu prüfen, ob einzelne Köpfe ausgeschlossen werden“, demonstriert der neue Landesvorsitzende Entschlossenheit: „Es geht darum, am rechten Rand eine Linie zu ziehen.“ Erste Maßnahme: Eine Arbeitsgruppe soll für den Landesvorstand Ausschlußverfahren prüfen. Die ersten Ergebnisse will der Vorstand am kommenden Dienstag besprechen. Gehandelt als Ausschlußkandidaten werden der rechte Vordenker und Welt-Redakteur Rainer Zitelmann, der Tempelhofer Bezirksvorsitzende Klaus Gröbig und Markus Roscher, Vorsitzender der „Kritischen Liberalen“. Roscher und Gröbig erklärten, sie könnten sich nicht vorstellen, daß jemand in der FDP Interesse an ihrem Ausschluß haben könne.
Welches Interesse bestehen könnte, formuliert FDP-Chef Martin Matz ganz deutlich: „Wer Geschichte relativieren will und dies im Namen der FDP tut, vertritt keine liberalen Positionen.“ Matz will trotzdem nicht alle ausschließen, die zum nationalliberalen Flügel der Partei gehören. Vielmehr ginge es darum, solchen Positionen die Basis zu entziehen.
Während der neue FDP-Vorsitzende noch diskutiert, bemühen sich die Rechten unverdrossen um die Übernahme von Bezirken. Vor vier Tagen stand der FDP-Bezirksverband in Prenzlauer Berg auf dem Speiseplan der Rechten, die dort eine Mehrheit für sich ausmachten. Aber geklappt hat es nicht. „Bei uns wurden seit Januar 1994 auch rechte Neumitglieder eingeschleust, nur haben wir es rechtzeitig gemerkt und uns nicht wie andere einfach übernehmen lassen“, berichtet Rainer-Michael Lehmann, linksliberaler neuer Vorsitzender in Prenzlauer Berg.
In der Berliner FDP sind inzwischen nicht mehr nur Spandau und Tempelhof die Bezirke, in denen sich die Rechten breitgemacht haben. In Reinickendorf, in Mitte, in Neukölln, in Friedrichshain und neuerdings auch in Zehlendorf hätten Nationalliberale Einzug gehalten, schildert Lehmann.
Dem Parteivorstand geht es nicht nur um Ausschlüsse, auch bei den Eintritten soll den Rechten ein Riegel vorgeschoben werden. Die seit dem letzten Parteitag eingegangenen sieben Aufnahmeanträge werden von Professor Jürgen Starnick, Mitglied des Landesvorstandes und Exumweltsenator, überprüft. Das ist die Konsequenz aus der wundersamen Eintrittswelle, mit der die FDP-Bezirke Tempelhof und Spandau seit 1995 zu rechten Hochburgen wurden.
Von den jetzt sieben Möchtegernmitgliedern haben drei sich um Aufnahme im konservativen Bezirk Neukölln beworben, ohne dort zu wohnen. Noch kein Grund sie auszugrenzen, aber Grund genug, sie zu befragen, meint Starnick. „Der Landesvorstand läßt nur noch handverlesene Leute in die Partei, in der letzten Woche wurde eine ganze Gruppe nicht aufgenommen“, klagt dagegen Markus Roscher, der stellvertretende Tempelhofer Bezirksvorsitzende. Jürgen Starnick betont dagegen, noch sei kein einziger Bewerber abgelehnt. Barbara Junge
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