Das Portrait: Der Deserteur
■ Ludwig Baumann
Ludwig Baumann Foto: taz
Dem Nobelpreiskomitee in Oslo liegen aus Deutschland zwei Vorschläge für die diesjährige Verleihung des Friedenspreises vor. Das „Komitee der russischen Soldatenmütter“ soll die Auszeichnung bekommen, sagt die Bundestagsfraktion der SPD. Sie wird unterstützt von Bündnis 90/Die Grünen. Ludwig Baumann, Deutschlands bekanntester Wehrmachtsdeserteuer und Vorsitzende der „Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz“ habe den Preis mehr als verdient, meint hingegen die vor ein paar Wochen gegründete „Potsdamer Initative Friedensnobelpreis für Ludwig Baumann“. Ihr auch von PDS-Bundestagsabgeordneten unterstützter Vorschlag sei nicht als „Konkurrenz zu verstehen, denn der Preis sei ja auch in der Vergangenheit schon öfters geteilt worden“.
Ludwig Baumann ist heute noch vorbestraft, weil er als 22jähriger im Juni 1942 in Bordeaux, Frankreich, aus Hitlers Armee desertierte. „Ich hatte erkannt, daß es ein verbrecherischer, völkermörderischer Krieg war.“ Baumann ist stolz darauf, solch einen Verrat begangen zu haben. Andere schimpfen ihn deshalb einen „Feigling“, andere nennen dies „Mut“. Ludwig Baumann wurde wegen „Fahnenflucht“ im Felde zum Tode verurteilt, der Spruch später dann aber in eine 12jährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Davon wußte er allerdings nichts. Im KZ Esterwege, eines der berüchtigten Moorlager im Emsland, und später im Wehrmachtsgefängnis von Torgau erwartete er jeden Morgen, daß die Hinrichtung vollstreckt wird. Wie viele andere Deserteure wurde Baumann kurz vor Kriegsende in das berüchtigte Bewährungsbataillon 500 gezwungen. Als er wieder zurück nach Deutschland kam, bejubelte ihn niemand, im Gegenteil, als „Kameradenschwein“ wurde er geächtet.
Zur öffentlichen Figur wurde Baumann erst Ende der 80er Jahre, als er mit anderen die Bundesvereinigung gründete, um endlich die Aufhebung der Unrechtsurteile gegen „Deserteure“ zu erstreiten. Dies ist ihm bis heute nicht gelungen, obwohl 1991 in einem Urteil des Bundesgerichts die NS-Militärjustiz als „verbrecherisch“ bezeichnet wurde. Doch Unionsabgeordnete halten das Wehrmachtsrecht auch heute noch für „Recht“. Eine pauschale Rehabilitierung der von NS-Gerichten Verurteilten führe zudem zu einer Untergrabung des „Wehrwillens für die Bundeswehr“, argumentieren sie, ganz so, als ob die Bundeswehr heute noch in der Traditon von völkerrechtswidrigen Angriffskriegen stehe. Anita Kugler
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