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Der Bremer „Solidarpakt“ steckt fest

■ Regierung und Gewerkschaften bewegen sich nicht mehr

Mit einem „Solidarpakt“ wollte die große Koalition in Bremen 400 Stellen streichen: Durch Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich sollte dem Anstieg der Personalkosten entgegengewirkt werden. Als kleines Bonbon für die Gewerkschaften sollten mit dem eingesparten Geld „zusätzliche Neueinstellungen und Nachwuchsförderung“ finanziert werden, und mit den Gewerkschaften sollte ein „Verwaltungsreformabkommen“ geschlossen werden. Doch schon bald zeigte sich, daß dieses Paket sehr kompliziert geschnürt worden war. Niemand hatte nämlich vorher kalkuliert, wie viele Mitarbeiter im öffentlichen Dienst schon auf Teilzeit-Arbeitsplätzen sitzen. Für sie und für die niedrigsten Lohngruppen, das stellte die ÖTV schnell klar, werde es keine Reduzierungen geben können. Und die Regierung denkt an zwei Modelle: Bürgermeister Henning Scherf (SPD) favorisiert einen Schnitt um neun Prozent bei Arbeitszeit und Lohn. Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU) dagegen fordert Nullrunden bei den Tarifverhandlungen. Von Neueinstellungen redet inzwischen niemand mehr.

Aus Bonn kamen Bürgermeister Scherf und Finanzsenator Nölle von einem Termin beim Kanzler zurück mit der Botschaft, der betrachte die Bremer Sparbemühungen mit Sympathie. Etwas mehr als das würde Bremen für den Solidarpakt brauchen: Da die einheitliche Beamtenbesoldung ein Eckpfeiler des Besoldungsrechtes ist, wäre eine in Bonn beschlossene Ausnahmeregelung für Bremen erforderlich. Mit Argusaugen betrachten aber bundesweit Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter das Bremer Modell. Seitdem in der Hansestadt allen Beteiligten diese Bedeutung der Problematik bewußt geworden ist, passierte eigentlich nichts mehr. Die Gewerkschaften ÖTV, GEW und DAG erklärten, sie hätten überhaupt kein Mandat ihrer verantwortlichen Gremien für ernsthafte Verhandlungen. In den Vorgesprächen redete auf Senatsseite der SPD-Vertreter über den Neun- Prozent-Schnitt, der CDU-Mann über Nullrunden – genervt sagten Gewerkschaftsvertreter Termine ab mit der Aufforderung, erst einmal sollte die Regierung doch bitte unter sich klären, was sie denn will. Die GEW hat nun versichert, vor dem Sommer passiere erst einmal nichts – man müsse ja die bundesweiten Tarifverhandlungen abwarten. Vor dem Sommer allerdings muß der Finanzsenator seinen Haushalt durch das Parlament bringen. So warten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gespannt, ob da Spielraum für Lohnerhöhungen eingebaut wird oder nicht. Für die GEW ist derweil sowieso klar: Arbeitszeitreduzierung kann die Gewerkschaft nur im Interesse von Neueinstellungen vertreten, fürs Sparen ist die Gewerkschaft nicht verantwortlich. Klaus Wolschner

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