■ Mit Abwasser auf du und du: Fiktive Gebühren
Dresden (taz) – 1990 besaß nur jede fünfte Gemeinde in Sachsen ein Klärwerk; und nur drei Viertel der Bevölkerung waren überhaupt an die Kanalisation angeschlossen. Und selbst wenn sie es waren: Über diese Kanäle wurde das Abwasser dann oftmals bloß direkt in die Flüsse geleitet.
Das sächsische Umweltministerium schätzte 1991 die Kosten für den Bau einer bedarfsgerechten Abwasser-Infrastruktur auf rund 30 Milliarden Mark, das sind pro Kopf satte 6.500 Mark. Bis Ende vergangenen Jahres wurden dann tatsächlich 250 Kläranlagen neu errichtet oder saniert. Im Umweltministerium geht man davon aus, daß in Sachsen insgesamt 500 Kläranlagen benötigt werden.
Die Städte und Gemeinden sind verpflichtet, das in ihrem Bereich anfallende Abwasser zu reinigen und abzuleiten. Dazu verfügen sie über die Gebührenhoheit, und sie können zu diesem Zweck Körperschaften bilden, sogenannte Abwasserzweckverbände.
1994 überprüfte das sächsische Umweltministerium 41 von 388 Zweckverbänden und Gemeinden. Dieser laut Umweltminister Arnold Vaatz (CDU) repräsentativen Umfrage zufolge waren die Abwasser-Planungen in mindestens der Hälfte der Fälle nicht oder nur unzureichend öffentlich ausgeschrieben worden und die Verbandsstrukturen in mindestens jedem dritten Fall „nicht optimal“. Ergebnis: Die Anlagen waren überdimensioniert und überteuert.
Nun drängt das Land auf Sparsamkeit: Bei optimaler Planung könne über Fördermittel eine sogenannte „fiktive Abwassergebühr“ erzielt werden, die bei maximal acht Mark pro Kubikmeter Abwasser liege. Alle Einnahmen, die der Verband oder die Gemeinde erziele, würden diese „fiktive“ Gebühr noch verringern – unterm Strich bleibt, so die Rechnung im Hause Vaatz, eine sozialverträgliche Nettogebühr, die die BürgerInnen zu zahlen haben.
Die „fiktive“ Acht-Mark- Grenze sei allerdings, so Vaatz, „keine Zusage an die Bürger“. Vielmehr sollen damit die Betreiber zur Verringerung der Betriebskosten gezwungen werden. Detlef Krell
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