„Brauchbares“ geliefert

■ Zwei Jahre auf Bewährung für „IM Günter“ alias Wolfgang Jaeger

Sechs Jahre nach dem Fall der Mauer, Jahrzehnte nach der Schaffung eines entsprechenden Strafrechtsparagraphen ist Wolfgang Jaeger wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“ für die DDR zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, ausgesetzt zu Bewährung. 30 Jahre lang hat der gebürtige Stralsunder „IM Günter“ mehr oder minder allgemein Bekanntes aus der Hansestadt an die Stasi, Zweigstelle Rostock, weitergegeben (taz berichtete). Knapp die Hälfte seines „Agentenlohns“ von geschätzten 50 000 Mark soll er nun in Monatsraten a 500 Mark zurückzahlen.

Als einziger Zeuge hatte gestern Bernhard H. vor dem Staatsschutzsenat der Hanseatischen Oberlandesgerichts ausgesagt. Der ehemalige Führungsoffizier Jaegers gab an, heute als „Arbeitnehmer in der Dienstleistungsbranche“ tätig zu sein. Anfang der achtziger Jahre habe er „sozusagen die Pflicht gehabt, den bestehenden Kontakt mit Jaeger zu halten und zu pflegen.“ Jaeger stand damals bereits 20 Jahre in den Diensten des Ministeriums für Staatsicherheit.

Ein Tonband habe der Führungsoffizier damals bei den mehrmals im Jahr stattfindenden Treffen auf dem Tisch plaziert, Fragen gestellt und später aus den Aufzeichnungen „Extrakte genommen“. „Das nannten wir –Informationen'.“ Wertvoll seien Jaegers Auskünfte nicht gewesen, brauchbar schon, meinte Bernhard H.. So habe man aus der Bürgerschaft erfahren können, daß die CDU die Regentschaft übernehmen wolle. „Das hat sich nicht geändert“, erwiderte der Vorsitzende. H. registrierte, während das Publikum kichert, diese „Information“ ohne sichtliche Belustigung.

Mit seinem Urteil folgte das Gericht dem Antrag des Verteidigers. Überdies ordnete es an, daß Jaeger während der folgenden fünf Jahre weder öffentliche Ämter bekleiden, noch aktiv oder passiv an Wahlen teilnehmen darf. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft gefordert – ein Strafmaß, daß nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Dem Zwecke der Generalprävention solle die härtere Bestrafung dienen, meinte der Anklagevertreter. „Auch wenn wir die DDR nicht mehr haben, ist sie nicht unwichtig geworden.“ Die Notwendigkeit einer Abschreckungwirkung auf DDR-Spione in spe vermochte der Vorsitzende indes, fünf Jahre nach der Wiedervereinigung, nicht zu erkennen. Stefanie Winter