: Rechtsradikale in Rom siegessicher
■ Parlamentsauflösung in Italien nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen der großen Parteien
Rom (taz) – Zum achten Mal in Folge: Italiens Parlament wird vorzeitig nach Hause geschickt. Schon Ende April – wahrscheinlich am 21. oder 28. – muß neu gewählt werden. Gerade zwei Jahre nach der „Wende“-Wahl, die das Ende der alten Politnomenklatura besiegeln und die Bildung einer „Zweiten Republik“ einleiten sollte, hat sich erneut die Unmöglichkeit einer dauerhaften Koalition in Rom erwiesen.
Am vergangenen Mittwoch waren die Bemühungen des als besonders geschickt geltenden Politikers und Finanzmanagers Antonio Maccanico gescheitert, eine große Allianz zusammenzuschmieden, die neben Haushalt und normaler Administration auch das Jahrhundertwerk einer Verfassungsreform in Angriff nehmen sollte.
Diese Mühe war vor allem deshalb vergebens, weil der Führer der rechtsradikalen Nationalen Allianz, Gianfraco Fini, seinen eher kompromißbereiten Partner Silvio Berlusconi (Forza Italia) ständig blockierte: Der 44jährige Fini ist sich sicher, daß seine Partei bei den Neuwahlen zur größten Fraktion der Rechten wird und hofft gar auf das Amt des Regierungschefs.
Andererseits hatte Silvio Berlusconi den Bruch mit Gianfraco Fini deshalb nicht vollzogen, weil ihm die Linksdemokraten für einen solchen Schritt nicht die gewünschten Garantien zur Absicherung seines gewaltigen Fernsehimperiums gegeben hatten.
Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro, dem damit nichts anderes mehr übrigblieb, als die Auflösung von Senat und Abgeordnetenhaus einzuleiten, hat inzwischen den bisherigen Ministerpräsidenten Lamberto Dini mit Sondervollmachten ausgestattet, um die Regierung auch über die laufenden Geschäfte hinaus glaubwürdig zu machen.
Italien hat derzeit die Präsidentschaft in der Europäischen Union inne, deshalb wollte Scalfaro Neuwahlen eigentlich auch vermeiden. Zum Zeichen ungebrochener Handlungsfähigkeit hat Dini noch am Freitag zwei ausgeschiedene Minister durch andere Politiker ersetzt.
Die Parteien rüsten sich inzwischen für den Urnengang – mit beiderseits großen Bauchschmerzen. Weder rechts noch links zeigen sich aussichtsreiche Koalitionen, selbst wenn Berlusconi und Fini neue Eintracht zu zeigen versuchen: Ihnen sind die gemäßigten Kräfte der Mitte weggebrochen.
Bei der Linken ist die vor einem Jahr gegründete Formation „Olivenbaum“ um den linksliberalen Wirtschaftsprofessor Romano Prodi inzwischen weitgehend zerbröselt, Grüne und Reformdemokraten sind ausgeschieden. Eine Allianz mit den Neokommunisten würde Bündnisse mit der ansonsten zu Gesprächen bereiten Liga Nord unmöglich machen und umgekehrt.
So sehen die Wahlforscher derzeit denn vor allem eines voraus – daß auch nach der nächsten Wahl im April keine dauerhaften Mehrheiten zustande kommen werden. Und daß in diesem Fall schon bald wieder gewählt werden muß. Möglicherweise geht's dann gleich zweimal an die Urnen: eine Wahl für das bisherige Parlament und eine für eine verfassungsgebende Versammlung. Werner Raith
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