: Keine Verlierer
■ „Verfallsdatum abgelaufen“ im TiK
„Ex und Hopp, ich bin ein Flop“ war das Motto der Verlierer-Show „Verfallsdatum abgelaufen“ am vergangenen Freitag und Sonnabend im TiK. Dreizehn Laien-KabarettistInnen beschäftigten sich mal deftig, mal amüsant und manchmal auch sarkastisch mit jenen Menschen in unserer Gesellschaft, die scheinbar keine Zukunft mehr haben. Ob der Schauspieler, der sich mittels Kosmetika wieder jung schminken möchte, die alte Dame mit Villa an der Elbe, die ihr kostbares Porzellan mit der Flinte verteidigen würde, oder der Bauarbeiter, der russisch lernt, weil er glaubt, als Ausländer mehr Chancen auf Arbeit zu haben – der Begriff „Verlierer“ war weitgefaßt und umspannte auch die, die keine wirkliche Ahnung davon haben, daß sie dazugezählt werden könnten – von der Frau, die doch die D-Mark so liebt und solche Angst vor der Euro-Währung hat, über die Oma, die die junge Generation ob deren anglisiertem Sprachschatz nicht mehr versteht, bis zu der Rentnerin, die sich bei einer Organisation wechselnde Geprächspartner mietet, um ihrer Isolation zu entgehen, sie alle finden ebenso wenig noch ihren Platz wie die als running gag dauernd um einen Auftritt bettelnde Marika Rökk-Imitatorin. Umrahmt wurden die peinlich-berührenden Szenen von der überheblichen Moderatorin der „Verlierer-Show“, die immer nur ihren „ganz persönlichen Lieblingsauftritt“ anpries. Klischeehaft, aber auch eindrücklich wurden sämtliche Rollen von Nicht-ganz-Schauspielern gemeistert, die sich nach einem Aufruf des Thalia Theaters und der Hamburger Volkshochschule fanden. Das diesmal vom Dramaturgen Michael Batz betreute Projekt hat schon Geschichte: der „Verlierer-Abend“ war die fünfte gemeinsame Arbeit des Theaters und der Volkshochschule – ein gelungener Abend, bei dem auf amüsante Weise gezeigt wurde, daß wir eigentlich alle Loser sind.
Joachim Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen