Welten des Bewußtseins Von Mathias Bröckers

De Karnevalswoche ist kein schlechter Termin für den 2. Internationalen Kongreß des Europäischen Collegiums für Bewußtseinsstudien (ECBS), der unter dem Titel „Welten des Bewußtseins“ vom 22. bis 25. Februar in der Stadthalle Heidelberg stattfindet. Die ursprüngliche Funktion der Fasnacht lag darin, eben diese Welten des Beuwßtseins in einer rituellen Ekstase zu erkunden.

Noch in den dumpfen Alkoholexzessen unserer Tage ist der Hauch von „Heidenspaß“ zu ahnen, den unsere Vorfahren sich machten, bevor der Kaiser im Zuge der Christianisierung Gesetze wie das Reinheitsgebot des Biers erließ und bewußtseinsverändernde Kräuter aus dem Ritualgetränk verschwinden mußten. Fortan machte Bier nur noch besoffen, und Fasnacht wurde zum Verkleidungsspiel, die Bewußtseinstransformation – das Außer- sich-Sein, das Aus-der-Haut-Fahren, die virtuelle Besessenheit – fand nicht mehr im Kopf, sondern im Saale statt. Ohne diese Politik, die die Welten des Bewußtseins vor vielen Jahrhunderten auf die eine jesusmäßige Vision zusammenstutzte, müßte es ein Europäisches Collegium für Bewußtseinsstudien vielleicht gar nicht geben, weil Bewußtseinserweiterung eine selbstverständliche Praxis wäre.

So aber werden internationale Experten drei Tage lang erörtern, was Bewußtseinserweiterung überhaupt ist und welche Rolle die spirituellen Praktiken unserer Vorfahren für die moderne Gesellschaft spielen können. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die „Kartographie außergewöhnlicher Bewußtseinszustände“, „Wandel der Zugänge zur anderen Wirklichkeit“, „Heilkunst und Bewußtseinswandel“, „Psychophysiologie der Meditation“, „Rauscherfahrung in Literatur und Kunst“, „Psychoaktive Substanzen und Therapie“.

Albert Hofmann, der 1943 zufällig und im Selbstversuch die starke, bewußtseinsverändernde Substanz LSD entdeckte, wird über Naturwissenschaft und Mystik sowie über seine über 50jährige persönlichen Erfahrungen mit den „Trips“ referieren. Psychopharmakologen wie Alexander Shulgin werden über neu entdeckte Halluzinogene und ihre Bedeutung für die Bewußtseinsforschung berichten, Philosophen wie Hans-Georg Gadamer und Ernst Pöppel über die „Illusion des Bewußtseins“ diskutieren. Details werden in zahlreichen Symposien und Workshops erörtert. Wer noch teilnehmen möchte (Gesamtkosten 480 Mark) kann sich bei Eurokongreß (Tel.: 089/ 260 90 13) anmelden.

Ohne Anmeldung und große Kosten kann am „12. Internationalen Kongreß über die Opfer des Drogenkriegs“ teilgenommen werden, der im Anschluß an die ECBS-Tagung am 25. Februar ab 18 Uhr im Heidelberger Karlstor- Bahnhof stattfindet. Hier soll es um jene Menschen gehen, die wegen psychedelischer Substanzen weltweit in Gefängnissen sitzen. Eine Ausstellung informiert über den Horror des Drogenkriegs in den USA, zum Abschluß des Kongresses soll eine Deklaration verabschiedet werden, die den „Gebrauch von Cannabis und psychedelischen Substanzen zur Erforschung nichtalltäglicher Bewußtseinszustände als unveräußerliches Grundrecht“ und ein sofortiges Ende der repressiven Verbotspolitik fordert.