Märchen - betr.: "Ökoworkshoppen mit dem Umweltsenator", taz vom 15.2.1996

 Sehr geehrte Tazler,

möglich, daß viele Hamburger die Agenda 21 für ein Versicherungsunternehmen halten. Bedauerlicher allerdings, daß Umweltbehörde und taz-hamburg die Agenda 21 für ein Weltklimaschutzprogramm halten. Umweltsenator Vahrenholts Interesse an diesem Märchen ist insofern verständlich, als er so ein wenig Imagepflege betreiben kann, ohne sich auf einen Prozeß einlassen zu müssen, welcher in seinen Dimensionen und mit seinen Zielkonflikten fast alles in Frage stellt, was der Senat in der Stadt an Politik betreibt.

Nicht zukunftsfähig ist aber zur Zeit nicht nur der globale CO2 Ausstoß, sondern z.B. auch die Machtverteilung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, die Arbeitsgesellschaft (wenn Unternehmensgewinne und Arbeitslosenrate mittlerweile im Gleichklang steigen), die Verkehrsbelastung in der Stresemannstraße, die Beteiligungsmöglichkeiten an politischen Prozessen und und und...

Dieses Dreieck aus ökologischer, ökonomischer und sozialer Entwicklung hat globale, nationale und kommunale Aspekte. Das Zusammendenken dieser Entwicklungsbereiche ist das eigentlich Neue. Darum geht es, in aller Kürze, bei der Agenda 21. Der Versuch einer kommunalen Agenda 21 für Hamburg ist so gesehen bestenfalls der Anfang eines langjährigen Prozesses, um diese Stadt nachhaltig umzubauen.

Daher muß der Hauptvorwurf an den Umweltsenator in der aktuellen Debatte lauten: Er ist nicht zuständig für die Koordinierung eines Prozesses, den alle gesellschaftlichen Gruppen, auch die Umweltbehörde als Akteur, tragen müssen!

Warum läuft eigentlich so ein Thema und der stadtweite Konsultationsprozeß dazu so völlig an der taz-hamburg vorbei? Eure Bundes-TazlerInnen sind da doch schon viel weiter. Ich will ganzseitige Artikel zu dem Thema und massenhaft Interviews mit den beteiligten Akteuren. Knut Schümann