: Ritter Bürokratius -betr.: Dieter Mützelburg über die Selbständigkeit Bremens, Friedrich Hennemann über die Vulkan-Krise, Kommentar "Pseudo-Regierung", alles in der taz vom 17./18.2.96
Betr.: Dieter Mützelburg über die Selbständigkeit Bremens, Friedrich Hennemann über die Vulkan-Krise, Kommentar „Pseudo-Regierung“, alles in der taz vom 17./18.2.
Das Schnölle & Co. nur eine Pseudo-Regierung vorstellen, wie Jochen Grabler meint, ist wohl unstrittig. Die wahren Regenten kommen, Zufall oder nicht, in Gestalt der Hohen Priester des Ordens vom Sankt Bürokratius, Hennemann und Mützelburg, in derselben Ausgabe ausführlich zu Wort.
Daß Hennemann, nachdem er den Vulkan abgewirtschaftet hat, nun natürlich beste Rezepte zur Rettung desselben weiß, wundert gerade taz-LeserInnen nicht. Schließlich müssen sie schon seit Jahren die Dokumente der Hirn-Atrophie des Herrenreiters aus dem Bremer Speckgürtel über sich ergehen lassen, der vordem als Bildungs-, Wissenschafts- und Kultursenator für jene Mißstände sorgte, die er nun beklagt.
Als erwiesen unfähiger Staatsrat ins Vulkan-Management befördert, hat Hennemann dort letztlich nichts anderes gemacht als vorher auch: Durchstecherei, Verschieben von Finanzmitteln, zentralistischer Größenwahn etc., kurzum alles, was wir gerade eben ein paar Nummern kleiner von der Ziegert-Truppe bei der Angestellten- und Arbeiterkammer vorexerziert bekommen.
Sein Pech war nur, daß die Banken nicht so schafsgeduldig und machtlos wie der gemeine Steuerzahler sind – Pater Hennemann aber läutet unverdrossen sein Glöcklein, nun als Unternehmensberater. Da wollen die Chlorophyll-FDPler nun keinesfalls zurückstehen: Den Blick fest auf die Seinen, nämlich die Zwei-Drittel-Gesellschaft und insbesondere den Öffentlichen Dienst gerichtet – „Bremens Bevölkerung ist nicht besonders arm“ –, qualifizierte sich Mützelburg zum Priester seines Ordens mit einem Vorschlag von konsequenter Logik: Ein Regionalverbund muß her, und alle Probleme Bremens sind gelöst. Ohne uns erst mit irgend welchen Praktikabilitätserwägungen zu langweilen, steuert Mützelburg gleich auf das Wesentliche zu: Regionalverbund heißt: 1. eine neue Verwaltung, 2. ein neues Parlament, 3. für das alles und noch einiges mehr: Geld.
Welch bürokratische Perspektiven eröffnen sich da: Das Amt für regionale Raumordnung in Achim, das Amt für regionale Schulplanung in Delmenhorst, die Personalverwaltung für die regionalen Ämter in Oyten, der Sitz des Regional-Parlaments in Worpswede.Im Rathaus müßte eine Arbeitsgruppe zentrale regionale Koordination eingerichtet werden, die die ressortspezifischen Koordinationsgruppen zu koordinieren hätte. (Wie man hört, hat Senior-Sesselfurzer Tilsner bereits angekündigt, der Gesamt-Personalrat stünde dieser Idee generell positiv gegenüber, mache aber darauf aufmerksam, daß Versetzungen bremischer Beamter in die genannten Verwaltungen die Zumutbarkeitsgrenze überschritten und höchstens nach Zusicherung einer Erschwerniszulage nebst Trennungsgeld für die auseinandergerissenen Familien verhandelbar seien.) All dies eingerichtet, ergibt sich Ein Spareffekt: Dann – so Mützelburg –könnte die Bürgerschaft auch kleiner werden.Parasiten erleiden durch Verfolgung ihres Daseinszwecks den Tod: Stirbt der Wirt, geht auch der Parasit unter. Unser Orden aber hat auch da eine Lösung, er ist pensionsberechtigt.Wenn das Land schon längst ausgesogen dahingesiecht ist, werden die Ordensmitglieder ruhestandsgehaltgesichert in Kommissionen zur Neugliederung der Bundesländer sitzen – als ausgewiesene Fachleute.
Dr. Till Schelz-Brandenburg
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