piwik no script img

Rudis Schulkamerad

■ „Mein Freund, der Feind“, ein Film über Uri Avnery, 23.05 Uhr, N 3

Uri Avnery, israelischer Schriftsteller und ehemaliger Knesset- Abgeordneter, ist in der deutschen Medienlandschaft kein Unbekannter. Oft genug, wenn ein kompetenter Kritiker der israelischen Regierungspolitik gebraucht wurde, war Avnery der geeignete Autor. Nicht nur im Spiegel, manchmal auch in der taz hat Avnery Aufsätze veröffentlicht, war oft Interviewpartner. Der Fernsehjournalist Jürgen Hobrecht ist mit ihm zu den Schlüsselorten seines Lebens gereist und läßt ihn vor Ort kommentieren, angefangen in Hannover, wo Avnery 1923 geboren wurde. Bis zu seiner Emigration 1933 hieß er Helmut Ostermann.

Die Mischung aus Archivmaterial, dem Besuch von Originalschauplätzen und Interviews mit Weggefährten ergibt das Bild eines Mannes, dem – so eitel er sein mag – nichts in seinem Leben wichtiger ist als der Frieden seines Volkes mit den Palästinensern. Er war der erste Israeli, der sich mit Arafat zu einem Interview getroffen hat und sollte deshalb wegen Hochverrats angeklagt werden. Gemeinsam mit PLO-Gesprächspartnern entwickelte er bereits Konzepte für eine Friedenslösung, als der israelische Staat die Existenz eines palästinensischen Volkes noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen wollte.

Seiner Frau Rachel erzählte Avnery einmal von den Soldaten, die sich auf einen Stacheldraht legen müssen, damit die anderen hinüber kommen: „So sieht er sich.“ Geheiratet haben die beiden „zwischen zwei Sitzungen“, das genaue Datum haben sie vergessen.

Bei aller Geschichtsträchtigkeit dieses Mannes hat Hobrechts Film auch komische Momente. In Hamburg trifft sich Uri Avnery mit Rudolf Augstein. Sie sind Schulkameraden gewesen und haben auch sonst parallele Biographien: beide Herausgeber von politischen Magazinen (das von Avnery gibt es allerdings nicht mehr), beide lange Zeit auf Konfrontationskurs mit der Regierungspolitik ihres Landes. So sitzen die beiden älteren Herren auf dem Sofa in Augsteins Büro, und Uri Avnery erzählt, wie er sich an „den Rudi“ erinnert. Augstein unterbricht: „Würdest du mich bitte Rudolf nennen. Ich nenne dich ja auch nicht Helmut.“ Stefan Kuzmany

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen