Worüber Polizisten sich amüsieren

■ Der Vietnamese Quan N. berichtet vor Gericht von seinen Mißhandlungen auf der Bernauer Polizeiwache

Frankfurt/Oder (taz) – Die Polizisten haben gelacht. Was für die Männer der Polizeiwache im brandenburgischen Bernau eine Mordsgaudi gewesen sein muß, war für den 42jährigen Vietnamesen Quan N. ein Tag der Erniedrigung und der Schmerzen. An jenem Frühlingstag im Mai 1993, so schilderte Quan N. gestern als Zeuge vor dem Landgericht Frankfurt (Oder), mußte er sich nach seiner Festnahme vor den Polizisten der Wache Bernau zunächst nackt ausziehen. „Ich wurde gezwungen, mich vollständig zu entkleiden. Dann schlug man pausenlos auf mich ein. Zunächst mit Faustschlägen ins Gesicht, dann trat man mich mit den Schuhen.“ Zwei Polizisten hätten sich bei seiner Mißhandlung abgewechselt.

Als er sich wieder anziehen durfte, so berichtet Quan N. stockend weiter, hätten die Beamten aus seinem Einkaufsbeutel einen Damenslip hervorgeholt. Anziehen! hätten sie befohlen.

Das Revier Bernau ist wegen solcher und ähnlicher Vorfälle bundesweit in Verruf geraten. Seit Mitte Januar nun müssen sich acht Bernauer Polizisten wegen Körperverletzung im Amt, Freiheitsberaubung und Aussageerpressung vor Gericht verantworten.

Für die vorerst vom Dienst suspendierten „Freunde und Helfer“ steht einiges auf dem Spiel. Und so versuchten ihre Verteidiger am gestrigen siebten Verhandlungstag nach Kräften die Glaubwürdigkeit des Zeugen Quan zu erschüttern: Ist Quan überhaupt derjenige, der er vorgibt zu sein? Was hat er an jenem Tag in Bernau zu suchen gehabt? Wie oft ist er bereits mit den deutschen Gerichten in Konflikt geraten?

Die Taktik der Verteidigung, aus dem Opfer einen Täter zu machen, funktioniert so gut, daß irgendwann selbst dem ansonsten so umsichtigen Gerichtsvorsitzenden der Lapsus unterläuft, von dem Zeugen Quan als „dem Angeklagten“ zu sprechen.

Zurückhaltend berichtet Quan N. von den ihm zugefügten Schmerzen. Wenn er sich an Details nicht genau erinnern kann, bittet er das Gericht um Entschuldigung. Einer Sache jedoch ist er sich sicher: Zumindest einen seiner beiden Peiniger erkennt er unter den acht Angeklagten zweifelsfrei wieder. Es ist Joachim G., der Hauptangeklagte, der zur Tatzeit Dienst auf der Wache tat.

Quan N.s Aussage wird in dem Prozeß von großer Bedeutung sein. Denn bisher ist unklar, wie viele der fünfzehn vietnamesischen Belastungszeugen vor Gericht erscheinen werden: Einer wurde bisher ohne Wissen des Gerichts nach Vietnam abgeschoben, ein zweiter Zeuge ist offenbar aus Angst vor einer Abschiebung abgetaucht. Jenny Jordan