Clement spielt va banque

■ Die SPD hat noch keine Alternative zu Rot-Grün

Früher debattierten die Grünen noch um Standpunkte, neuerdings vornehmlich um Standorte. Genau genommen um einen, den Standort Deutschland. Und dieser Fokus irritiert sie. Denn nun geht es nicht mehr um die Frage nach dem Richtigen oder Falschen, sondern um die nach Förderung oder Schädigung. Ungewohnt für eine Partei, die sich bislang beim Stichwort Wirtschaft allenfalls nach deren Nutzen für die Allgemeinheit erkundigte und die sich der Wirtschaftsförderung nur in dem Maße nähert, wie ein damit verbundener sozialer oder ökologischer Zweck ausgewiesen ist.

Da machen es sich die Sozialdemokraten mittlerweile einfacher. Beschäftigungspolitik ist Standortpolitik ist Bestandssicherungspolitik, Umbau allenfalls machbar in Zeiten konjunktureller Stabilität. Und die sind nicht absehbar. Auf diesem neoliberalen Credo basiert Schröders Abschied von der Ökosteuer wie Lafontaines Abweisung der Aussiedler wie auch Clements Affront gegen die Grünen. Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister hat erkannt, daß sich hinter dem Einzelkonflikt um eine Flughafenförderung ein grundsätzlicher wirtschaftspolitischer Dissens verbirgt. Und der wird bei nächster Gelegenheit wieder aufbrechen, auch wenn aktuell ein Kompromiß gefunden wird. Clemens weiß, daß die Achillesferse der bündnisgrünen Position deren mangelnde Praktikabilität auch im Sinne der selbstgesteckten Ziele ist und meint, damit schon gewonnen zu haben. Deshalb treibt er die Kontroverse auf eine Spitze, die dem Modellhaften der Koalition für ein mögliches rot-grünes Bündnis auf Bundesebene tatsächlich gerecht wird. Ein Scheitern in Düsseldorf bedeutet, daß ein reformpolitisches Bündnis in Bonn nicht mehr machbar ist. Für die SPD-Führung ein taktisches Problem, für die Grünen ein strategisches.

Nun weiß Clement zwar, was er nicht mehr will, damit weiß die nordrhein- westfälische SPD aber noch nicht, wohin sie will. Sie hat eine divergierende Wählerschaft, einen Landesvorsitzenden mit unklarer Perspektive und eine Reihe von Mitgliedern, die Rot-Grün will. Allein dieses Dilemma können Clement und Co. bremsen – mehr als der berechtigte Verweis der Grünen darauf, daß die SPD den Koalitionsvertrag bricht. Die Sozialdemokraten befinden sich am Scheideweg, Rot-Grün in der Stagnation. Dieter Rulff