piwik no script img

Bürger müssen schweigen, SPD bremst

Heute wird der Bundesrat den sogenannten Verfahrens-Beschleunigungsgesetzen der Bundesregierung zustimmen – mit einigen Änderungsanträgen der SPD-regierten Länder entschärft  ■ Von Hannes Koch

Berlin (taz) – Erbauer von Müllverbrennungsanlagen und anderen umweltgefährdenden Industriebetrieben können sich freuen. Die Genehmigung ihrer Anlagen wird einfacher. Denn der Bundesrat in Bonn wird heute den drei Beschleunigungs-Gesetzen, die die Bundesregierung initiiert hat, im wesentlichen zustimmen.

Die Rechtsreform muß dann noch den Bundestag und gegebenenfalls den Vermittlungsausschuß passieren. Schon heute bleiben die meisten Bundesländer hinter dem zurück, was ihre Umweltministerien noch vor kurzem in einer gemeinsamen Erklärung versicherten: Eine schnellere Genehmigung von Industrieanlagen sei zwar oft sinnvoll, die Beteiligungsrechte von BürgerInnen und Naturschutzverbänden dürften darunter aber nicht leiden.

Nur die drei rot-grünen Länder Sachsen-Anhalt, Hessen und Nordrhein-Westfalen stehen noch zu dieser Position. Sie brachten einen Antrag in den Umweltausschuß des Bundesrates ein, in dem die drei Gesetze und eine neue Verordnung komplett zurückgewiesen werden. Doch die SPD-regierten Länder lehnten den Antrag gemeinsam mit der CDU ab.

Zur Begründung heißt es aus dem Kieler Umweltministerium, die Ablehnung habe vielmehr formale Gründe. Inhaltlich ausformulierte Änderungsanträge zu den Gesetzen seien notwendig, damit sich Bundestag und Vermittlungsausschuß mit der kritischen Position der Länder beschäftigen müßten. So wollen die SPD-regierten Ländern die Einschränkung der Bürgerbeteiligung durch einen Änderungsantrag entschärfen. Nach Willen des Bundeskabinetts kann der „Planfeststellungsbeschluß“, den Behörden bisher erteilen müssen, durch die sogenannte „Plangenehmigung“ ersetzt werden. Damit entfielen die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beteiligung der Umweltschutzverbände, ebenso das Erörterungsverfahren. Nach Wunsch der SPD-Länder soll dieser Passus nur für Anlagen gelten, die nach Meinung der Behörden ungefährlich für die Umwelt sind. Erprobte Produktionsverfahren, die die Umweltgesetze einhalten, würden unter die vereinfachte Genehmigung fallen. Technisch neue Fabriken hingegen bräuchten einen Planfeststellungsbeschluß mit Bürgerbeteiligung. Diese Zustimmung der SPD-Länder zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung wird Konsequenzen haben: Auch ein Atomkraftwerk, das die Behörden als sicher und technisch erprobt einstufen, kann ohne Anhörung genehmigt werden.

Noch in weiteren Punkten wollen die rot-grün- und SPD-regierten Länder die Gesetzentwürfe zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und des Immissionsschutzrechtes entschärfen. Nordrhein-Westfalen auf Einigkeit gegen die Bestimmung, daß Investoren sich selbst aussuchen dürfen, ob sie ihre Anlage genehmigen lassen oder die Behörden nur von ihrer Bauabsicht in Kenntnis setzen. Auch die Abschaffung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs Betroffener findet nicht die Zustimmung der SPD. Weiterhin sollen Labors nur für ein Jahr ohne Genehmigung forschen dürfen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen