Sparen, Sparen, Häusle verkaufen

■ Die Sparklausur des Senats dauerte bis in die heutigen Morgenstunden. CDU fordert Studiengebühr von 1.000 Mark. Bis 1999 sollen acht Milliarden durch Verkäufe von Landesvermögen erlöst werden

Die Meldungen aus dem Senats- Gästehaus im Grunewald waren spärlich: Die Atmosphäre, gab sich gestern nachmittag Senatssprecher Michael-Andreas Butz einsilbig, sei „sehr kollgial“, man brauche aber wohl noch eine Nachsitzung.

Heute will der Senat die Ergebnisse der zweitägigen Sparklausur präsentieren. Zentrales Thema der Sitzung waren der Nachtragshaushalt für dieses Jahr, die Grundzüge des Haushaltsstrukturgesetzes und die generelle Sparlinie bis 1999. Zeitweilig nahmen an den Beratungen auch Bezirksbürgermeister der CDU und SPD teil. PDS- und bündnisgrüne Vertreter, sagte der Tiergartener Bezirksbürgermeister Jörn Jensen (Grüne) gestern gegenüber der taz, seien nicht eingeladen worden.

Nach einer mehrstündigen Generaldebatte am Samstag wurden die Einzeletats der Senatsverwaltungen geprüft. Dabei wurde jeder Posten auf Sparmöglichkeiten abgeklopft. Im Vorfeld der Beratungen hatte die neue Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) gegenüber der taz klargestellt, daß dabei auch Abreden aus der Koalitionsvereinbarung zur Disposition stehen. „Nicht alles, was noch vor wenigen Wochen die Koalition vereinbart hat, ist noch machbar.“ Sie wollte auch nicht ausschließen, daß heikle Punkte wie die Absenkung des sozialen Wohnungsbaus in Erwägung gezogen werden könnten.

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) spielt unterdessen die soziale Karte aus: Er wolle „darauf achten, daß die notwendigen und schmerzlichen Einschnitte sozial verkraftbar bleiben und nicht die Substanz der Stadt gefährden“, so sein Sprecher Butz.

In Berlin wird ein Haushaltsdefizit von etwa 32 Milliarden Mark bis 1999 erwartet. Allein für 1996 muß eine Deckungslücke von 5,3 Milliarden Mark geschlossen werden. Die CDU schlug offenbar in der Klausur Studiengebühren von 1.000 Mark pro Semester vor, von denen BAföG-Empfänger ausgenommen sein sollten. Die SPD sprach sich dem Vernehmen nach gegen diese Idee aus. Als Kompromiß könnten höhere Immatrikulationsgebühren in Frage kommen. Hier hatte bereits die SPD-Finanzsenatorin eine Gebühr von 100 Mark vorgeschlagen. Nach Angaben von CDU-Sprecher Matthias Wambach einigten sich Sozial- und Christdemokraten darauf, aus dem Landesvermögen bis 1999 zwischen sieben und acht Milliarden Mark zu erlösen. Bisher war von Veräußerungen im Wert von vier Milliarden Mark die Rede.

Im Gegensatz zur Koalitionsvereinbarung soll nun auch die Kultur in weitaus größerem Umfang bluten: Fugmann-Heesing hatte bereits im taz-Interview die Streichung der jährlichen Subventionen in Höhe von 16 Millionen Mark angedeutet. Auch die Schließung des Metropol-Theaters, das jährlich 34 Millionen Mark erhält, wollte sie nicht ausschließen. Butz kündigte weitere Sparklausuren bis 1999 an. Die Konsolidierung des Haushalts könne nur längerfristig gelingen. sev