: Menschenrechtszentrum für Sarajevo
■ Runder Tisch in Wien rügt Rechtsverletzungen durch ehemalige Kriegeparteien in Bosnien. Drei Monate nach Dayton dauern Folter und ethnische Säuberungen an
Wien (taz) – Ausländische Hilfe zum Wiederaufbau Bosniens sollen nur diejenigen Parteien erhalten, die auch die Menschenrechte in ihrem Machtbereich achten. Das ist das Ergebnis eines zweitägigen Runden Tisches von Repräsentanten aus fast 30 Ländern, von internationalen Institutionen und nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) zur Lage der Menschenrechte in Bosnien, der gestern in Wien zu Ende ging. Zahlreiche Teilnehmer des Treffens hatten sich jedoch beklagt, daß die westlichen Staaten viel zu wenig Geld für die Überwachung von Menschenrechten in Bosnien zur Verfügung gestellt hätten. Vom kommenden Wochenende an soll in Sarajevo ein Menschenrechtszentrum seine Arbeit aufnehmen, kündigte der Beauftragte für den zivilen Aufbau Bosniens, Carl Bildt, in Wien an. Die Tagungsteilnehmer kamen überein, daß das neue Zentrum alle zwei Wochen einen Bericht über die Lage der Menschenrechte veröffentlichen soll.
Die abschließende Einschätzung des Runden Tisches zur Lage der Menschenrechte im ehemaligen Jugoslawien ist nicht sonderlich neu: Die früheren Kriegsparteien wurden eindringlich an ihre Verpflichtungen erinnert. Fast drei Monate nach der Unterzeichnung des in Dayton ausgehandelten Friedensabkommens dauerten die „ethnischen Säuberungen“ weiter an, stellte Carl Bildt, unter Hinweis auf die Massenflucht der Serben aus Sarajevo, nüchtern fest. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte, Elisabeth Rehn, ergänzte, daß nach wie vor gefoltert werde und die Zahl der Gefangenen auf allen Seiten unbekannt sei. Von Pressefreiheit als einer Hauptvoraussetzungen für die Abhaltung von fairen Wahlen könne ohnehin in keinem Teil des Landes die Rede sein, so Rehn.
Auch nach den Wiener Beratungen ist die Finanzierung der internationalen Menschenrechtskommissionen in Bosnien einer der kritischsten Punkte. Man einigte sich darauf, daß bis zur Konferenz der Geberländer im April genauere Zahlen ausgearbeitet werden sollen. Nach Schätzungen von Experten werden in den nächsten vier bis fünf Jahren fünf Milliarden Dollar für den Wiederaufbau in Bosnien benötigt.
Der Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums, Albert Rohan, betonte, die internationalen Organisationen dürften nicht zu „Buchhaltern“ von Menschenrechtsverletzungen werden. Zur Frage der Durchsetzung meinte er optimistisch, daß die Staatengemeinschaft sehr wohl eine Handhabe in der Form von politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen habe. In letzter Konsequenz seien aber die Durchsetzung und Wahrung der Menschenrechte Sache der beteiligten Parteien selbst, „die sich in Dayton zu den höchsten Standards bekannt hätten“. Daniel Asche
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