Bahn will Obdachlose loswerden

■ Wenn der Bahnhof umgebaut wird, soll die Bahnhofsmission keine Süppchen mehr ausgeben

Ein Gerücht geht um im Bremner Hauptbahnhof, ein Gerücht mit einer guten und einer schlechten Nachricht. Die gute: Wenn das Bahnhofsgebäude umgebaut wird, dann soll die Bahnhofsmission, Anlaufstelle für hilfsbedürftige Alleinreisende und all die Gestrandeten rund um den Bahnhof, endlich weg vom zugigen Gleis eins kommen und ein neues Plätzchen mit direktem Zugang zur Bahnhofshalle bekommen. Die schlechte: Ab dann soll es keine Essensausgabe an Obdachlose mehr geben. Noch sind die Umbaupläne längst nicht unter Dach und Fach, doch die geistigen Gleise sind bei der Bahn AG längst gelegt. „Das ist wie in anderen Städten“, meinte gestern ein Sprecher der Hannoveraner Bahn-Zentrale, in dessen Sprengel der Bremer Hauptbahnhof fällt. „Wir bemühen uns, die Obdachlosen und verwirrten Menschen aus den Gebäuden herauszuhalten, weil sie die Reisenden stören.“

Damit fiele eine der wenigen Anlaufstellen für die nach Behördenschätzungen rund 300 „alleinstehenden und wohnungslosen“ Menschen weg, die sich in Bremen Tag für Tag auf die Suche nach einem Bett und einer warmen Mahlzeit machen. Im April letzten Jahres hatte die Sozialsenatorin die Hilfsangebote für diese Menschen am Rand der Gesellschaft zusammenstellen lassen. Die Bilanz ist einigermaßen ernüchternd. Neben der Bahnhofsmission ist es in der Innenstadt gerade mal eine Einrichtung, die alltags eine Versorgung anbietet: der „Bremer Treff“ am Altenwall, der von acht Kirchengemeinden getragen wird.

Entsprechend groß ist das Entsetzen bei der Bahnhofsmission: „Das wäre ein wirklicher Verlust. Ich kenne das gar nicht anders, die Essensausgabe an die Obdachlose gehört einfach zur Bahnhofsmission dazu“, meint der Mitarbeiter Jens Gause. Etwa zwanzig Essen geben die MitarbeiterInnen täglich aus, an Sonntagen auch schon mal dreißig. Trotz der anderen Anlaufstellen möchte die Mission an diesem Service festhalten. „Die Hauptaufgabe der Bahnhofsmission sind zwar nach wie vor ,Gleisarbeiten', also die Betreuung von Fahrgästen,“, erläutert die Mitarbeiterin Sigrid Cordes, „aber wir wollen auch die Obdachlosen weiterhin betreuen. Wir stehen zu denen.“ Daß die Obdachlosen vom Bahnhof weg sollen, weil sie die „Optik stören“, so Cordes, komme „aus welcher Ecke auch immer, aber nicht von uns.“

Vom Bremer Bahnhof auch nicht. „Alles ein Gerücht!“, meint Peter Leßmann, der Bahnhofsmanager. Aus Bremen komme das jedenfalls nicht. Er scheint nicht allzu genau von den Plänen der Zentrale informiert worden zu sein. Im Gegenteil, aus Bremen bekommt die Bahnhofsmission reichlich Rückendeckung: In die Halle kommt die Mission wahrscheinlich nicht, so Leßmann, dort gibt es keinen Platz. „Aber selbst da wäre die Essensausgabe nicht in Frage gestellt. Das jetzige Publikum der Bahnhofsmission soll gehalten werden.“, versichert er.

Noch ist völlig offen, wie der Bahnhof nach dem Umbau aussehen wird, bestätigt auch Hans-Jürgen Frohns aus der Hannoveraner Zentrale. Aber daß die Obdachlosen am Hauptbahnhof keine Zukunft mehr haben sollen, das scheint für ihn sicher zu sein. „Die Bahnhöfe sind für diese Betroffenen nicht geeignet. Wir müssen da immer auf die Hilfsangebote der Stadt verweisen. Wenn sich Reisende wegen dieser Leute distanzieren – das haben wir nicht so gerne.“ bik/J.G.