: „Dann ziehen wir es jetzt durch“
■ Knatsch um Aufsichtsrat der neuen Filmförderungs-GmbH / Senat prescht vor
Vor lauter Streit hinter den Kulissen kommt Hamburgs Kino- und Filmlandschaft nicht zur Ruhe. Gerade wurden die Auseinandersetzungen um den Posten des Hamburger Filmfest-Chefs wenigstens einigermaßen glimpflich beigelegt – der bisherige Geschäftsführer Gerhard von Halem wurde fristlos gefeuert, Josef Wutz als sein Nachfolger berufen (taz berichtete) –, da ist neuer Ärger programmiert.
Es geht darum, den Aufsichtsrat der neuen Hamburger Filmförderungs-GmbH zu besetzen, die im April ihre Arbeit aufnehmen soll. Seit Wochen wird zwischen Kultur- und Wirtschaftsbehörde sowie den Interessenverbänden der Hamburger Filmszene verhandelt. Gestern hat der Senat nun die Gespräche überraschend abgebrochen und von sich aus ein zwölfköpfiges Gremium berufen. Vertreter der Hamburger Filmszene zeigten sich von diesem Vorpreschen getroffen. So sagte Rolf Schübel, Hamburger Filmemacher und als Vertreter der Filmkultur in der Senatsliste enthalten, zur taz: „Ich finde das schwer enttäuschend.“ Andere Vertreter der Szene wurden deutlicher: „Jetzt gibt es Krach.“
Im vergangenen Jahr hatte Kultursenatorin Christina Weiss durchgedrückt, das Hamburger Filmbüro und den Film Fonds, die die kulturelle und wirtschaftliche Filmförderung in der Hansestadt arbeitsteilig verwalteten, zu einer einheitlichen Filmförderungs-GmbH zusammenzufassen. Knackpunkt der jetzigen Auseinandersetzungen ist offenbar, ob ein Vertreter des Norddeutschen Filmhersteller-Verbandes im Aufsichtsrat der GmbH Platz und Stimme haben soll. Wie Tim Schleider, Sprecher der Kulturbehörde, erläuterte, röche es „sehr stark nach Filz“, wenn jemand, der von Filmförderungsmitteln abhängig sei, eine GmbH kontrolliere, die eben die Vergabe dieser Mittel regele.
Durch einen Brief der Hamburger Interessenverbände fühlte sich die Kulturbehörde unter Druck gesetzt und trat die Flucht nach vorn an. Schleider: „Dann ziehen wir es jetzt durch.“ Anstelle eines Hamburger Produzentenvertreters soll nach Senatsvorstellungen Margarete Evers, Geschäftsführerin der AG Neue Deutsche Spielfilmproduzenten, die Filmherstellerseite vertreten.
Jürgen Haase von eben jenem Norddeutschen Filmhersteller-Verband kommentierte das Vorgehen des Senats in einer ersten Stellungsnahme gegenüber der taz ablehnend: „Man muß sich fragen, warum die Leute keine Berücksichtigung finden, die Hamburgs Film hochgebracht haben – also der gesamte Mittelstand.“ Zudem habe es Haase zufolge eine Verabredung gegeben, Vertreter der vier Interessenverbände Norddeutscher Filmhersteller-Verband, Filmbüro, Filmstadt Hamburg und AV Medien Nord in dem Aufsichtsrat zu berücksichtigen. Haase: „Diese Verabredung haben die Behörden verlassen.“
Tim Schleider wiederum bestreitet die Existenz einer solchen verbindlichen Absprache. Es habe allerdings die Zusage gegeben, die Hamburger Interessenverbände angemessen zu berücksichtigen, das sei auch geschehen.
Dirk Knipphals
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