: Kunst des Jeinsagens
■ „Burma Tourismusjahr 1996“: Soli-Gruppen boykottieren ohne Boykott
Kein Boykott, aber fahren Sie nicht nach Burma! So die nicht ganz leicht zu vermittelnde Botschaft verschiedener Burma-Solidaritätsgruppen. Unter dem unverfänglichen Titel „Burma Tourismusjahr 1996“ hatten sie zu einer Pressekonferenz auf der Berliner ITB eingeladen.
Die Militärmachthaber in Burma (sie haben das Land in Myanmar umbenannt) wollen mit dem „Visit Myanmar Year '96“ Kapital aus dem Tourismus schlagen. Hunderttausende ausländischer Besucher werden erwartet. Um gegen die Menschenrechtsverletzungen der Militärjunta SLORC (State Law and Order Restoration Council) zu protestieren, haben sich weltweit Organisationen zusammengetan.
Dorothee Wenner von der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ erklärte, daß man Burma aber nicht boykottieren wolle. Von einer Reise nach Burma würde man allen Ratsuchenden hingegen abraten.
Die Liga will über Menschenrechtsverletzungen in diesem südostasiatischen Land aufklären: Seit 40 Jahren verübt das Regime Verbrechen am eigenen Volk. George Khan vom Burma-Büro kann die unzähligen Fälle von Zwangsarbeit, Vertreibung, Vergewaltigung kaum mehr auflisten. Allein über 30.000 Menschen mußten in Zwangsarbeit die Eisenbahnstrecke zwischen Mandalay und Rangun ausbauen. Wer sich wehrte, wurde mißhandelt oder verhaftet. Tausende von Familien mußten aus ihren Häusern weichen, um Ferienanlagen und Geschäftsvierteln Platz zu machen. Soldaten brannten Dörfer widerspenstiger Bewohner ab.
Besonders Frauen und Mädchen leiden unter den Folgen des menschenverachtenden Militärregimes. Vergewaltigungen und Verschleppungen, beispielsweise in thailändische Bordelle, sind an der Tagesordnung. Und im „Burma Tourismusjahr 1996“ sei zu befürchten, kritisiert George Khan, daß diese Entwicklung noch beschleunigt werde.
Guten Gewissens kann man kaum noch nach Burma fahren. Gegen informierte Reisende habe man aber nichts, meint Horst Reiter von amnesty international. Sie könnten die Schattenseiten des Urlaubsparadieses erkennen. „Wenn wir erreichen, daß nicht nur Pauschalreisende den Weg ins Land finden, ist schon viel erreicht.“ Diese doppelte Botschaft der Menschenrechtsgruppen folgt dem asiatischen Prinzip der Gleichzeitigkeit des Wollens und Nichtwollens. Sie wird es den Burma-Gruppen nicht leichtmachen, öffentliches Gehör zu finden.
„Besuchen Sie uns erst, wenn wir frei sind!“ Mit diesem Appell gelang es Schweizer Solidaritätsgruppen, den Reisebüroverband zu einer Stellungnahme zu veranlassen: „Menschenrechtsverletzungen, welche direkt im Zusammenhang mit dem Tourismus begangen werden, müssen unserer Branche zu denken geben.“ Der Schweizer Verband, in dem führende Veranstalter wie Hotelplan, Kuoni, Imholz und SSR zusammengeschlossen sind, empfiehlt seinen Mitgliedern, das Burma- Angebot nicht auszubauen. In Deutschland dagegen hapert es noch an Kontakten zu Reiseveranstaltern. Kleine Erfolge gibt es woanders: So hat ein bekannter Reisebuch-Verleger wie Stefan Loose darauf verzichtet, einen Burma- Führer herauszubringen.
„Auch für Touristen gibt es Zeiten, zu kommen, und Zeiten, nicht zu kommen“, wird die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi in einem Info-Blatt der Burma- Gruppen zitiert. Es wendet sich an aufgeklärte Touristen, die sich vor Ort informieren wollen. Daß Aung San Suu Kyi mittlerweile selbst zur Touristenattraktion geworden ist, liegt auf der Hand, hält sie doch jeden Samstag vor ihrem Haus in Rangun eine öffentliche Kundgebung ab. Mechthild Maurer
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