■ Querspalte: Bombenstimmung bei Sat.1
24. Februar: Bombendrohung während der Sat.1-Fußball-Live-Sendung „ran“. Das Studio wurde geräumt, doch nichts passierte.
Moderator Johnny Bekerner hernach in sendertypischer Gutlaune: „Es scheint den Menschen zu gefallen.“ Heute abend, wo Familien zu zerrütten drohen, die Eskalation. Sat.1 hat das Bundesligaspiel Stuttgart – Dortmund verlegen lassen, um damit live zu bester Sendezeit gegen die ARD und ihr „Verstehen Sie Spaß?“ anzusenden.
Und tatsächlich, kurz vor 18 Uhr wieder ein anonymer Anruf: „Guten Abend allerseits! Räumen Sie sofort das Studio! „Gleich knallt's!“ Ein Polizeisprecher: „Wir stehen vor einem Rätsel.“ Nervosität, Spannung und – Einschaltquote steigt. Die halbstündige Sendepause („Gleich geht's weiter“) wird mit brandaktuellen Werbespots überbrückt.
20 Uhr. Der Ball rollt. Per Fax bekennt sich ein bislang unbekanntes „Kommando Heribert Faßbender“ zu den Drohungen. Umgehend wird in Köln ein bärtiges Männlein festgenommen. Es leugnet. Gleichzeitig wird Sat.1-Reporter Werner Hansch verhaftet; er habe als Ex- WDRler jahrelang für feindliche Sendermächte gearbeitet. Unterlagen über „IM Schwätz“ tauchen auf.
Spätabends die Wende. Haftrichter L. Trimm, ein erfahrener Sportschau- Gucker, läßt das Männlein wieder frei. Das hatte glaubhaft vorgetragen, es hätte vor 18 Uhr niemals „Guten Abend allerseits!“ gesagt, sondern bestimmt „Guten Tag allerseits!“
Da werden im Studio Brennstoffkanister und ein defekter Zünder gefunden. Der Verdacht fällt auf die „ran“-Verantwortlichen selbst.
Haben sie die Anrufe fingiert, die Lunte gelegt, alles für die verdammte Quote? Sat.1 ist empört.
Merkwürdig nur: Als Jörg Wonterror am Montag Benzinquittungen einreicht, werden sie, behauptet RTL-„Explosiv“ exklusiv, auf dringendes Anraten der Anstaltsanwälte nicht erstattet. Uli Potowski
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