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Versuch an einer Leiche

■ Die Sowjetunion ist wieder da, beschließt die Duma

Wer ist schuld? Wer mit wem? Was tun? Drei Fragen, die Rußlands Geschichte seit Jahrhunderten begleiten. Und die immer wieder nur zu einem Drittel beantwortet werden. Am weitesten brachte es noch die Literatur. Die Abstimmung in der russischen Staatsduma über die Wiedererrichtung der UdSSR knüpft lückenlos daran an. Beantwortet wurde die Schuldfrage: Jelzin und seine Gang! Wer mit wem? Schon schwieriger: keiner kann mit keinem. Was tun? Das überläßt man lieber dem Zufall.

Dabei hätte gestern die Chance bestanden, gemeinsame Sache zu machen und die Integration der GUS-Staaten etwas voranzutreiben. Der Kollaboration mit dem Feind – zur Zeit weiß keiner, wer das ist – unverdächtige Politiker wie General Alexander Lebed und Linkszentrist Swjatoslaw Fjodorow hatten vorgeschlagen, statt der Resolution der Linkskräfte lieber vorliegende Gesetzespakete zur wirtschaftlichen Integration und rechtlichen Angleichung der ehemaligen Satellitenstaaten zu behandeln. Vergebens. Das hätte Mühe bereitet. Zudem wäre der propagandistische Effekt flötengegangen. Die Abgeordneten des extremistischen Lagers begreifen nicht, daß sie es sind, nicht die Angeklagten, die stören und zerstören und dabei allen ihr retardiertes, infantiles Problembewußtsein demonstrieren. Halbstarke, die kaputtmachen, aber nicht aufbauen können.

Die Wiedererrichtung der Sowjetunion ist allein daher nicht zu befürchten. Die roten Laboratorien können Leichen für die Ewigkeit mumifizieren, glücklicherweise nicht wiederbeleben.

Keine Republik, nicht einmal Weißrußland, strebt zurück unter die Fittiche des Doppeladlers. Dort mag es gelegentlich wärmer sein, dafür fällt das Atmen schwer. Die Kommunisten sind sich all dessen sehr wohl bewußt. So dient die gestrige Gedenkveranstaltung auch nur einem fragwürdigen Wählerfischen. Wie es bei Halbstarken üblich ist, denken sie über die Folgen ihrer Handlungen nicht nach. Die „Brudervölker“ werden nun sorgfältiger nachdenken, ob sie die Einladung zum Familienfest nach Moskau annehmen. Sollte tatsächlich ein Kommunist bei den Präsidentenwahlen das Rennen machen, rückt die Integration der GUS in noch weitere Ferne. Aufbauen ist eben nicht ihre Stärke. Wer ist schuld? Klaus-Helge Donath, Moskau

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