Schlechte Karten für Teleticket

■ Firma soll stillgelegt werden und der Betriebsrat gleich mit / Beschäftigten wird gleiche Arbeit zu schlechteren Bedingungen geboten Von Stefanie Winter

Während die zahlungsfreudigen Besucher von Musical-Produktionen aus dem Hause „Stella“ gemeinhin einen spritzigen Abend erwarten, findet Martina Kölln, Betriebsrätin der Hamburger „Teleticket Region Nord“, die derzeitige Lage „nicht so prickelnd“. Als selbständige Firma im Stella-Konzern vertreibt Teleticket die Karten für Cats, Phantom der Oper und Co. – noch. Den 63 Beschäftigten wurde zum Ende März die Stillegung des Betriebs angekündigt, nach Auffassung des Betriebsrats und dessen Anwalt eine Reaktion auf betriebsrätliche Aktivitäten in Sachen Arbeitszeit und EDV-Einsatz. Neue Plätze für die gleiche Arbeit wurden sämtlichen Beschäftigten angeboten – bei Stella-Call-Nord, zu schlechteren Bedingungen und ohne Betriebsrat.

Für Rechtsanwalt Klaus Bertelsmann liegt ein klarer Fall eines gesetzlich eindeutig geregelten „Betriebsübergangs“ vor; die Arbeitnehmer müßten mit allen Rechten und Pflichten auf die übernehmende Firma übergehen. Immer mehr Firmen, so der Arbeitsrechtspezialist, versuchten sich jedoch aus dieser gesetzlichen Verpflichtung herauszuschleichen, „wenngleich die Rechtsprechung so gestaltet ist, daß jedenfalls so plumpe Versuche zumeist abgeblockt werden“. Ende vergangener Woche verfügte das Hamburger Arbeitsgericht einstweilig und „bei Meidung“ eines Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 Mark oder ersatzweise sechs Monaten Ordnungshaft, daß Teleticket wegen der beabsichtigten Betriebsstillegung vorerst niemandem kündigen darf. Zunächst müsse ein Interessenausgleich abgeschlossen oder dessen Scheitern auch in der Einigungsstelle festgestellt worden sein.

Bei Stella-Call-Nord arbeiten bereits Menschen ohne Teleticket-Vergangenheit, weiß Kölln, mit befristeten Veträgen, weniger Gehalt, geringerem Urlaubsanspruch und ohne Arbeitszeitbegrenzung. Das ermögliche der Geschäftsführung, die Angestellten bei Bedarf rund um die Uhr einzusetzen, meint der Betriebsratsvorsitzende Thorsten Frank. Diese „Regelung“ der Arbeitszeit solle auch für ehemalige Teleticket-Beschäftigte gelten – um keine Zwei-Klassen-Gesellschaft entstehen zu lassen, habe die Geschäftsleitung erklärt. Bei Gehalt und Urlaubsanspruch bleibe jedoch alles beim alten – sogar die Betriebszugehörigkeit bei Teleticket werde angerechnet. „Da sind doch zwei Klassen sowieso schon gegeben“, meint Kölln. Von bundesweit rund 40 Firmen im Stella-Konzern, sagt die Betriebsrätin, haben nur sechs einen Betriebsrat. Dessen Gründung bei der seit zehn Jahren bestehenden Teleticket liege erst zweieinhalb Jahre zurück. Die Geschäftsleitung, die am Freitag für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, habe ausdrücklich erklärt, in der „neuen“ Firma keinen Betriebsrat zu wollen.

Ihre Kunden stellt Teleticket derweil vor unvollendete Tatsachen – mit einem Hinweis per Tonbandansage: „Unsere Rufnummer hat sich geändert. Sie erreichen das neue Stella-Call-Center unter...“