piwik no script img

Alte Erklärungen neu aufgelegt

Der Bosnien-Gipfel in Genf endet mit erneuten Versprechen zur Umsetzung des Dayton-Abkommens. Der in Den Haag angeklagte kroatische General Blaskić will sich freiwillig stellen  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Mit weitgehend bekannten Absichtserklärungen hat am Montag abend in Genf das Bosnien-Gipfeltreffen zur Umsetzung der zivilen Bestimmungen des Dayton-Abkommens geendet. US-Außenminister Warren Christopher hatte die Vertreter der balkanischen Konfliktparteien und der anderen vier Garantiemächte des Abkommens (Rußland, Frankreich, Großbritannien, Deutschland) kurzfristig eingeladen.

In einem 12-Punkte-Dokument bekräftigten die Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Slobodan Milošević und Franjo Tudjman, Bosniens Vizepräsident Ejup Ganić sowie der Vizepräsident der Serbischen Republik in Bosnien, Nicola Koljević, ihre Absicht zur „vollständigen Umsetzung von Geist und Buchstaben des Abkommens“. Dazu hatten sie sich zuletzt auf dem „Mini-Dayton“-Gipfel Mitte Februar in Rom verpflichtet.

Ein Satz aus dem Genfer Abschlußdokument stieß bei Beobachtern auf besondere Skepsis: „Die Serbische Republik wird die Serben zur Rückkehr nach Sarajevo ermutigen und ihnen dabei behilflich sein.“ In Rom hatten Milošević und Vertreter der serbischen Führung in Pale noch zugesagt, die Serben in der Region Sarajevo zum Bleiben zu bewegen. Statt dessen organisierte Pale eine von Belgrad gebilligte Kampagne, in deren Folge rund 50.000 Serben die fünf Vororte und Stadtteile Sarajevos verließen, die jetzt wieder der muslimisch-kroatischen Föderation unterstehen.

Zum Thema „volle Kooperation“ mit dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, zu der sich alle Parteien verpflichtet hatten, werden in dem Dokument zwar erstmals Namen mutmaßlicher Kriegsverbrecher genannt. Statt Zusagen werden jedoch lediglich Erwartungen festgehalten. So „wird erwartet, daß bis Ende dieses Monats 1. die kroatischen Behörden den vom Tribunal angeklagten General Blaskić dazu bewegen, sich selber dem Tribunal zu stellen, und daß 2. die Behörden in Belgrad zwei in Verbindung mit den Massenmorden bei Srebrenica inhaftierte Personen an das Tribunal überstellen“. Auf eine entsprechende Formulierung mit Bezug auf die Behörden der Serbischen Republik in Bosnien, auf deren Territorium sich die mit internationalem Haftbefehl gesuchten Serbenführer Radovan Karadžić und Ratko Mladić befinden, verzichtete Christopher aus politischen Gründen, wie hohe Beamte des State Department auf Anfrage einräumten.

Der kroatische Außenminister Granić gab gestern immerhin bekannt, der angeklagte General Tihomil Blaskić werde sich freiwillig dem Tribunal stellen, da er von seiner Unschuld überzeugt sei. In München und Wien wurden unterdessen zwei mutmaßliche muslimische Kriegsverbrecher gefaßt.

In einer „Erklärung zur muslimisch-kroatischen Föderation“ heißt es, die internationale Staatengemeinschaft werde nur die Kantone und Städte finanziell unterstützen, die alle Föderationsvereinbarungen umgesetzt haben. Die Freilassung aller Kriegsgefangenen soll spätestens bis zum nächsten Bosnien-Gipfel am Samstag in Moskau abgeschlossen sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen