: SPD im Ländle ist schwer enttäuscht
■ Ministerpräsident Teufel kündigt Große Koalition in Baden-Württemberg auf. SPD sackte am Wahlabend auf 25,3 Prozent. Grüne feiern zweistelliges Ergebnis
Stuttgart/Berlin (dpa/taz) – Betreten sah der baden-württembergische SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Maurer gestern abend schon kurz nach 18 Uhr aus. Der Verlust von fast vier Prozent der WählerInnenstimmen machte ihm schwer zu schaffen: „Das weicht sehr stark von den Prognosen ab." Er versuchte vergeblich, sein bißchen Hoffnung über den Abend zu retten, als er schnell noch eine Änderung des 26-Prozent-Ergebnisses zum Positiven hin prognostizierte. Der Rest des Tages brachte ihm dann doch nichts Gutes mehr, sondern das stetige Absacken von mageren 26 auf 25,3 Prozent.
SPD-Spitzenkandidat Dieter Spöri zog die Konsequenzen aus der deutlichen Wahlniederlage. Er wolle nicht noch einmal antreten, auch für andere Spitzenämter stehe er nicht mehr zur Verfügung: „Meine Enttäuschung ist nicht mehr steigerbar.“
Damit war auch für ihn das Ende der Großen Koalition absehbar. Maurer suchte die Schuldigen in Bonn und in Nordrhein-Westfalen. Die dortige Koalitionskrise und die Auseinandersetzungen mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK seien schuld, orakelte er: „Wenn wir eine solche Delle bekommen haben, muß das sehr kurzfristig mit diesen Ereignissen zusammenhängen.“ Sein FDP- Kollege Walter Döring hatte schon vor 18 Uhr nicht an sich halten können und lauthals gejubelt: „Wir haben unser hauptsächliches Kampfziel erreicht.“ Tatsächlich war seine Partei sogar darüber hinausgeschossen, als den Freidemokraten nicht nur der unerwartet sichere Einzug in den Landtag gelang, sondern sich auch noch eine Koalition CDU/FDP abzeichnete.
Günther Oettinger strahlte für die CDU und stichelte gegen die SPD, die die „Quittung“ bekommen habe. Landesvater Erwin Teufel ließ schon kurz danach keinen Zweifel daran, daß er mit der FDP zusammengehen, „besser fahren“, wolle. Er bedauerte außerdem, daß die Republikaner, wenn auch mit weniger Stimmen als 1992, wieder mit neun Prozent in den Landtag einziehen. Erwin Teufel machte dafür die SPD „mit ihrer menschenverachtenden Politik auf dem Rücken der Aussiedler“ verantwortlich.
Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Rezzo Schlauch warf der SPD vor, sie habe mit ihren Äußerungen gegen den Aussiedlerzuzug Wahlkampf gemacht, ihn „mit Sündenböcken“ geführt und so „die Rechten gestärkt". Der baden-württembergische Grüne Günter Jacobi rechnete währenddessen zufrieden die 11,6 Prozent als „das bundesweit beste Flächenergebnis“ zusammen, bei dem die Grünen ihre Wählerzahl um ein Drittel steigern konnten.
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