: Palastrevolte gegen Bürgermeister
■ Uni-Politiker und Finanzsenatorin trotzen Diepgen
Die Hochschulpolitiker der CDU proben den Aufstand. Heckelmann, Grütters und Co. weigerten sich gestern, eine von den Koalitionsspitzen und dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) formulierte Vorlage des Haushaltsstrukturgesetzes zu beraten. Die Elefantenrunde habe „substantielle Punkte“ übergangen, sagte die hochschulpolitische Sprecherin der CDU- Fraktion, Monika Grütters. Wissenschafts- und Hauptausschuß hatten den Gesetzentwurf eigentlich gestern beschließen sollen.
Gegen das Votum der christdemokratischen Hochschulpolitiker hatte die Elefantenrunde unter Vorsitz von Diepgen am späten Sonntagabend die Abwicklung des Fachbereichs Zahnmedizin der Freien Universität durchgedrückt. Zudem hielten die Koalitionsspitzen daran fest, das Institut für angewandte Chemie in Adlershof zu schließen. Der Landwirtschaftlich- Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität wurde lediglich eine Gnadenfrist bis Juni eingeräumt, um mit dem Land Brandenburg über eine Beteiligung zu verhandeln. Dem Vernehmen nach habe es Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) abgelehnt, diese „strukturellen Sparvorschläge“ aufweichen zu lassen. Die Eiserne Sparlady habe sich dabei auch gegen den Regierenden durchgesetzt.
Die ihrerseits hartnäckigen Hochschulpolitiker der CDU versuchten noch am späten Nachmittag, eigene Änderungsanträge in den Hauptausschuß zu bugsieren. Daran beteiligte sich auch der neue Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU). Die gemiedene Vorlage der Fraktionschefs, die der taz vorliegt, bestätigt die Härten des Haushaltsstrukturgesetzes: Berlin erhebt über eine sogenannte Immatrikulationsgebühr de facto Studiengebühren in Höhe von 100 Mark. Die Technische Universität wird eines Teils ihrer Geisteswissenschaften beraubt, die nach dem Krieg bewußt in den Fächerkanon aufgenommen worden waren. Außerdem zwingt die Koalition die Universitäten unter das Dach einer „Gemeinsamen Finanzkommission mit Entscheidungsbefugnissen“. Die ursprünglich dem Wissenschaftssenator zugedachte Abwicklungsvollmacht geht jetzt auf den Senat über. Christian Füller
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