: Allergien durch Autos
■ Unterschiede bei Kinderkrankheiten in Ost- und Westdeutschland aufgeklärt
Leipzig (taz) – Seit Jahren beschäftigte das Phänomen die Wissenschaftler: Trotz dreckiger Luft litten ostdeutsche Kinder erheblich weniger als die westdeutschen unter Allergien und Asthma, dafür viel stärker unter bronchitischen Erkrankungen. Eine Studie des Umweltforschungszentrums Leipzig (UFZ) hat das Rätsel nun gelöst: Der Grund für die Kluft zwischen DDR und Ex-BRD war schlicht und einfach, daß es im Osten weitaus weniger Autos gab. Dort kamen die Luftschadstoffe vor allem aus den weitverbreiteten Kohleöfen und führten zu Bronchitis.
Weniger Allergien hätten die kleinen OstlerInnen deswegen gehabt, spekulierten Wissenschaftler bisher, weil sie ein stärkeres und besser trainiertes Immunsystem entwickelten. Sie seien fast alle in Kindergärten betreut worden und dort häufiger mit Infektionen in Berührung gekommen.
Die Leipziger Studie beweist, was unter Umweltschützern ohnehin als sicher galt: Autos machen Kinder krank. „Verkehrstypische Immissionen“, so die Wissenschaftler, erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Asthmaerkrankungen um den Faktor 1,3. Allergien brachten die Forscher ebenfalls in einen eindeutigen Zusammenhang mit typischen Autoabgasen wie Stickoxiden und daraus entstehendem Ozon.
Für seine Studie untersuchte das UFZ in den vergangenen zwei Jahren 519 Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren aus 15 Leipziger Kindergärten. In Fragebögen, einem „Befindlichkeitstagebuch“ und durch ärztliche Untersuchungen wurden die Krankendaten ermittelt. Parallel dazu haben die Forscher die Schadstoffe in Räumen, in denen sich die Kinder häufig aufhielten, gemessen. Je nach Wohnumgebung teilten sie die Kinder in Gruppen ein. Dabei fanden sie dann den Zusammenhang von Bronchitis und Kohleöfen sowie Allergie/Asthma und „verkehrstypischen Schadstoffen“.
Die Wissenschaftler stießen auf ein weiteres Ergebnis: Es deute sich an, so Untersuchungsleiter Olf Herbarth, daß sich die Erkrankungssituation Ost an die westdeutsche anpasse. Das sei aber nur ein Trend. Solche Prozesse bräuchten mindestens zehn Jahre, um genau analysiert werden zu können. Offenbar steigt bei den Leipziger Kindern mittlerweile die Zahl der Allergien und Asthmaerkrankungen, obwohl sie kaum weniger in den Kindergarten gehen. Dafür drängen sich aber immer mehr Autos auf den Straßen. Toralf Staud
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen