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Schlüssel statt Loch

■ Bremen will sein Image bessern: Senat, Wirtschaft und Kultur sammeln Ideen fürs „Standort-Marketing“

Wenn es um die Selbstdarstellung Bremens geht, holt der Senatspressesprecher Klaus Sondergeld gern zu einer bildhaften Beschreibung aus. Man stelle sich einen großen, blühenden Garten vor, darin aber lauter „eifersüchtige Gärtner“, die allein über das Aussehen ihrer bescheidenen Parzelle wachen. Ein Eindruck von Kraut und Rüben, der auch nach außen wirkt. Das soll sich ändern: Um das Image der Hansestadt zu bessern, arbeitet eine Kommission aus Politik, Wirtschaft und Werbung derzeit an einem wiedererkennbaren Profil für die Bremenwerbung.

Bis Ende April soll ein „Organisations- und Führungskonzept“ vorliegen, das neue Impulse für das „Standortmarketing“ verspricht. Gleichzeitig wird auch in der Kulturbehörde über ein verbessertes Marketing für die heimischen Kulturgüter nachgedacht. Erstmals wird dafür ein Betrag von 100.000 Mark bereitgestellt. Gemeinsames Ziel aller Bemühungen: Die Darstellung der Bremer Attraktionen, so Sondergeld, „sollte tunlichst ein Gesicht haben“.

So bieder wie bisher wollen sich die Bremer Kaufleute und Politiker jedenfalls nicht mehr verkaufen. Als „Schnarchsäcke“ mußten sie sich beschimpfen lassen, als sie 1994 erstmals eine Serie von Anzeigen in überregionalen Magazinen schalteten. Das Schlüsselloch-Motiv, die Idee einer Frankfurter Werbeangentur, weckte bei den Kritikern Assoziationen von Verklemmtheit und Voyeurismus. Während z.B. Ruhrgebiet selbstbewußt für „Ein starkes Stück Deutschland“ warben, gaben die Bremer die kleinlaute Parole aus: „Riskieren Sie doch mal einen Blick“. Mit dieser Bescheidenheit soll es vorbei sein. „Das muß schon etwas progressiver werden“, fordert die Handelskammer. Sondergeld verspricht: „Das Schlüsselloch wird fallen“, wenn ab August eine neue Kampagne läuft.

Das alleine, ahnen die Initiatoren, wird freilich kaum reichen, um den Ruf Bremens entscheidend zu bessern. Im Gespräch ist eine neue Marketing-Gesellschaft. Sie soll die Pflanzen und Pflänzlein aus dem Garten Bremen ins rechte Licht rücken. Denn tatsächlich besteht an werbe- und publikumswirksamen Ereignissen in Bremen ja kein Mangel, wie sich unter den Kaufleuten herumgesprochen hat. Mendini, Liebermann, Trompetentage, Musikfest: Darum müssten die Bremer „einen besseren Rummel machen“, empfiehlt Rolf Sauerbier, Sprecher von „Kraft-Jacobs-Suchard“ (KJS) und ebenfalls Mitarbeiter in der Marketing-Runde. Sprich: Die einzelnen Großereignisse müßten deutlich erkennbar mit dem Image der Stadt verbunden werden. Auch das müßte die Marketing-Gesellschaft bewirken, mit einem professionellen Redaktionsstab. Der dann z.B. auch verhindert, daß sich die Bremer untereinander Konkurrenz machen – wie derzeit am Beispiel dreier gleichzeitig rummelnder Design-Ausstellungen zu erleben.

Helfen soll dabei eine „Dachmarke“ für Bremen. Ein einheitliches Logo, verbunden mit Gestaltungsrichtlinien. Wenn das Übersee-Museum für seine Masken wirbt, wenn die Kulturbehörde Briefe verschickt oder eine Broschüre die Bürger über die neuen Müllgebühren informiert – dann soll all das mittels „Dachmarke“ mit der Stadt Bremen identifiziert werden. Einen konkreten Entwurf hat die „Bremen-Werbung“, der Senatspressestelle nachgeordnet, bereits vorgelegt. Der „Bremer Schlüssel“ soll alle Briefbögen, alle Werbeanzeigen und Plakate zieren, verbunden mit dem zeitlos schönen Schriftzug „Freie Hansestadt Bremen“. Entwerfer Rolf Pientka lobt die „elegante Grundstruktur“ des Schlüssels, der „erkennbar und bewußt Nähe zu seinem historischen Ursprung hält“. Der Schlüssel gelte als „Synonym für Toleranz und Liberalität“ der Stadt. Und was bei der „Beck's“-Reklame seit Jahrzehnten funktioniert, könnte auch dem Bremer Image nützlich sein.

Pientka hat das Vorbild Berlin vor Augen. Vor zwei Jahren gab der Senat ein stilisiertes Brandenburger Tor als neue Dachmarke aus. Seither haben sich nicht nur öffentliche Stellen, sondern auch einige private Firmen des neuen Logos bedient und tragen es hinaus in die Welt. Als imagefördernde Träger gelten aber auch die Kultureinrichtungen der Stadt. Die Vielfalt der kleinen und großen Kulturläden, sagt Pientka, sei eine Bremer Besonderheit, die man stärker nach außen tragen müsse. „Das Bild, das man sich von einer Stadt macht, ist doch weitgehend geprägt durch das kulturelle Klima“: Architektur, Museumslandschaft, Kneipenszene. Mit einer neuen Broschüre, die brav all das auflistet, sei es allerdings nicht getan. Pientka schwebt eine vierteljährlich erscheinende Zeitung vor, die „nicht nur die Highlights“, sondern auch die kleinen Besonderheiten Bremens bewirbt: die gelungene Inszenierung im Jungen Theater oder die einzelne Figur aus der Übersee-Sammlung. All das müßte den Menschen in Köln, Düsseldorf und Hamburg mal vor Augen gehalten werden, und zwar „auf eine freche, kompetente Weise“.

Davon gilt es nun auch die Bremer selbst zu überzeugen. Denn das Bremen-Bild innerhalb der Stadt, sagt KJS-Sprecher Sauerbier, sei noch schlechter als die Einschätzung von außerhalb – „Bremen ist eine einzige Klagemauer“. Aber nur wer über gesundes Selbstvertrauen verfügt, sind sich die Marketing-Macher einig, kann auch selbstbewußt nach außen treten. Vor den schönen Farbanzeigen müßten z.B. die Museen in ansprechende Form gebracht werden. Das gilt nicht nur für die Fassaden: Die Horrorvorstellung aller Marketing-Experten ist die unwirsche Kassenfrau oder der grimmige Aufpasser, der alle Bemühungen zunichte machen kann, weil er sich nicht mit der Linie des Hauses identifiziert.

Wie eine neue Marketing-Gesellschaft all diese Probleme in den Griff bekommen soll, das ist den Beteiligten noch ziemlich schleierhaft. Die neue Initiative wird allseits begrüßt, die Notwendigkeit einer besseren Außendarstellung allseits eingesehen. Allein: Um die guten Ideen auch zum Wohle umzusetzen, fehlt möglicherweise wieder mal das nötige Kleingeld. Der 100.000-Mark-Posten für „Kulturmarketing“ ist als einmalige Haushaltsausgabe vorgesehen; schon 1997 ist kein Geld mehr dafür eingeplant. Und auch die „Bremen-Werbung“ muß kürzer treten. Im Dezember, als Wirtschaftssenator Hartmut Perschau sich für das Thema „Standort-Marketing“ stark machte, forderte er eine Anhebung von 600.000 Mark auf mindestens drei bis fünf Millionen jährlich. Tatsächlich wurde der Etat gekürzt auf 445.000 Mark. „Von Bremen-Werbung“, sagt Rolf Pientka, „kann man da kaum noch sprechen.“ tw

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