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Durchsuchung an Charlottenburger Hauptschule

■ Harmloser Streit zwischen Bosnier und Türken führte zu Massenschlägerei

Siebzehn Messer, Schraubendreher und als Schlagring verwendbare Griffe von Absperrventilen – das ist die Bilanz einer Polizeidurchsuchung an der Charlottenburger Schlesienoberschule in der Schustehrusstraße, die bereits am Montag vormittag auf Betreiben der Schulleitung und des Landesschulamtes durchgeführt wurde. Hintergrund der Kontrolle von 123 Schülern aus neun Schulklassen sind nach Angaben von Schuldirektor Helmut Dettmer- Besier „absolut untypische Einzelgewalttaten“ und nicht, wie von der Polizei gestern vermeldet, „fast tägliche gewalttätige Auseinandersetzungen“ an der Hauptschule. Dort werden 340 Schüler aus 24 Ländern unterrichtet.

Die Vorkommnisse seien hauptsächlich von einem 16jährigen türkischen Schüler ausgegangen, der im Oktober letzten Jahres an die Hauptschule „zwangsversetzt“ wurde. Vor etwa drei Wochen habe dieser Schüler einen bosnischen Schüler „völlig grundlos“ angegriffen, so Dettmer-Besier. Die anschließend „verabredete Schlägerei“ außerhalb der Schule sei zu einer „Massenveranstaltung“ mit etwa fünfzig beteiligten Schülern verschiedener Nationalitäten ausgeartet. „Da war die Hemmschwelle weg, die fanden das einfach geil“, so der Direktor. Nachdem wenige Tage später ein Türke verprügelt, ein Bosnier von dem zwangsversetzten türkischen Schüler mit einer Gaspistole beschossen wurde und es eine Messerstecherei zwischen zwei deutschen Schülern gab, hatte sich die Schulleitung an das Landesschulamt gewandt, das per „Amtshilfeersuchen“ die Durchsuchung beantragte.

Weil bei den Streitereien Schußwaffen und Messer mit gefährlich langen Klingen im Einsatz waren, war „unbedingtes Handeln“ angesagt, begründet der Direktor die top-secret-Aktion vom Montag. Die Waffen seien offenbar nach dem ersten Vorfall angeschafft worden. Denn bisher habe es an seiner Schule derlei Auseinandersetzungen nicht gegeben.

Dettmer-Besier wertet das Ergebnis der Durchsuchung, bei der keine Schußwaffen gefunden wurden, als Erfolg: „Die Hochrüstung scheint vorbei.“ Erschreckend findet er jedoch die „Gewalt ohne Ursache“. Der Anlaß für den Streit zwischen dem türkischen und bosnischen Schüler sei eine Mütze gewesen. „Daraus wurde Krieg“, so der Direktor.

Drei türkische und ein deutscher Schüler wurden von der Schule entfernt, gegen acht wurden Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen erstattet. 13 weitere Schüler verstießen durch den Besitz von Gegenständen, die als Waffen benutzt werden können, gegen die Schulordnung. Auf einer Elternsprechstunde am Montag abend haben laut Dettmer-Besier alle Eltern ihr Einverständnis mit der Durchsuchung bekundet. Die Eltern der Schüler, bei denen Waffen gefunden wurden, seien angeschrieben worden. Barbara Bollwahn

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