: Menschenrechtskommission wird China nicht geißeln
■ Absprache Pekings mit der EU: China tritt zwei UNO-Konventionen bei und darf dafür weiter foltern. Bonner Delegationsleiter Gerhart Baum (FDP) ist ahnungslos
Genf (taz) – Die UNO wird bei Menschenrechtsverletzungen in China weiterhin beide Augen zudrücken müssen. Dafür sorgt ein Deal der Europäischen Union mit China. Diplomaten verschiedener EU-Staaten bestätigten gestern: Die Absprachen mit Peking darüber, wie die EU bei der UNO- Menschenrechtskommission in Genf ohne Gesichtsverlust auf die ursprünglich angekündigte Einbringung einer Resolution zur Verurteilung Chinas verzichten kann, sind weitgehend unter Dach und Fach.
Nach diesen Angaben hatte Peking der EU bereits vor der Brüsseler Außenministersitzung vom Montag angeboten, als Preis für einen Rückzieher der EU den beiden UNO-Konventionen über bürgerliche und zivile sowie über soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte beizutreten. China macht dieses Angebot bereits seit zehn Jahren. Bislang war die EU allerdings nie bereit, den von Peking geforderten politischen Preis zu zahlen. Diesmal erfolgte Pekings Offerte in bilateralen Sondierungen mit den Regierungen in Bonn, Paris und Rom. Die Chefs dieser drei Regierungen hatten sich spätestens seit dem EU- Asean-Gipfel in Bangkok Mitte Februar um eine Korrektur der bis dahin in den Außenministerien aller 15 Mitgliedsstaaten verkündeten Absicht bemüht, in Genf eine Resolution zur Verurteilung Chinas einzubringen. In Bangkok sei „die Überlegung geboren worden, der chinesischen Seite zu sagen, es wäre schon besser, wenn wir zu konkreten Resolutionen kämen, als wenn wir uns immer nur über Resolutionen unterhalten“. Mit dieser Äußerung hatte auch Bundesaußenminister Klaus Kinkel am Dienstag in Bonn erstmals offiziell bestätigt, daß in Bangkok die Kehrtwende der EU begonnen hat. Bis zur nächsten Außenministertagung am Freitag in Turin werden mit China noch Details geklärt. Diskutiert wird darüber hinaus über eine Bereitschaftserklärung Pekings zur Reform von Haftbestimmungen sowie zur Einladung von Menschenrechtsorganisationen.
Weitgehend ahnungslos gaben sich gestern in Genf der Bonner Delegationsleiter bei der UNO- Menschenrechtskonferenz, Gerhart Baum (FDP), und die in der deutschen UNO-Mission für Menschenrechtsfragen zuständigen Diplomaten. Sie seien im Detail nicht darüber informiert, was Außenminister Kinkel und seine EU-Amtskollegen am Montag in Brüssel beschlossen hätten und welche konkreten Forderungen China erfüllen müsse, erklärten sie. Die Gespräche mit China würden nicht in Genf, sondern „direkt zwischen den Hauptstädten geführt“. Andreas Zumach
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