Galerienspiegel

Es gibt immer wieder Katastrophen wie diese: In einem verregneten Sommerurlaub entdeckt ein 59jähriger Arzt die Malerei und produziert in den nächsten 17 Jahren 1000 Ölbilder, 400 Aquarelle und Zeichnungen, 60 Holzplastiken und 40 Holzschnitte. Wilhelm Webels betreibt dies nicht korrekterweise als Freizeitbeschäftigung; die Sachen werden jetzt auch noch ausgestellt. Galerie Boskamp, Heilwigstr. 101, Di-Fr 14.30-18.00, Sa 11-17 Uhr, bis 4. Mai

Schon vor 100 Jahren zeigte Gründungsdirektor Justus Brinckmann Plakate, jetzt wird ein Überblick über das Graphikdesign der 90er Jahre geboten. Gefühlsecht ist die Ausstellung betitelt, die sich vorrangig mit den Themenbereichen „Köpfe“, „Körper“, „Aids“ und „Menschenrechte“ befaßt und die umstrittenen Kampagnen von Benetton und Nike nicht ausläßt. Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, bis 7. Juli, (Karfreitag geschlossen, Ostermontag geöffnet)

Wegen der großen Nachfrage ist William Turner in Deutschland letztmalig am Hasenfest inklusive Karfreitag und Ostermontag bis 20 Uhr geöffnet.Kunsthalle, Glockengießerwall

17 Künstlerinnen und Künstler verschiedenster Herkunft haben Berlin zu ihrer momentanen Lebensstation gemacht. Und aus dieser Position heraus eröffnen sie den künstlerischen Dialog mit Deutschland in einem etwas anderen Blick. Zwischen devot aus eigenen Haaren gestalteter Landkarte, Videos fremdsprachiger Literaturlesungen und Konzepten um selbstgezeichnete Fahrausweise entsteht so ein Bild eines kulturellen Dazwischen, das für immer mehr Menschen die neue Heimat ist. Station Deutschland ist die Übernahme einer im Künstlerhaus Bethanien in Berlin mit Erfolg gezeigten Ausstellung. Eröffnung (es spricht Hajo Schiff): morgen 19 Uhr, K 3 auf Kampnagel, Di-So 16-20 Uhr, bis 27. April

Auf einer Videowand laufen acht Kurzfilm-Programme, und die wie zum Verkauf arangierten CDs ergeben zusammen das Bild eines TV-Monitors: In der „Hard Core Lounge 2“ befaßt sich die neunköpfige niederländische Gruppe Salle de Bains teils ironisch, teils affirmativ mit den modernen Zeiten. Spät in der Nacht wird in einem Club ein Amsterdamer DJ für eine „after hour“ sorgen, zu der es eine Performance von Martin de Waal samt Models gibt. Eröffnung: morgen, 20-24 Uhr, Galerie 13, Taubenstr. 13, Do-Sa, 18-20 Uhr, bis 20. April

Mit seinen farbigen Holzstangen unterwanderte der in Paris lebende Rumäne bei Vernissagen parasitär die Ausstellungen seiner Kollegen. Jetzt zeigt der Kunstverein über 50 solcher permutierten Rundstäbe (und zwei Rauminstallationen) in einer Retrospektive auf die Arbeit des 1978 im Alter von 44 Jahren gestorbenen Andre Cadere im Zusammenhang der Ausstellung von Günther Förg.Eröffnung: morgen, 19 Uhr, Kunstverein, Klosterwall 23, bis 5. Mai

Wem Ostern nur noch das Hasenfest ist, der sollte sich vielleicht die inbrünstigen Fotodokumentationen von Matthias Schaller anschauen, die etwas so Sseltsames wie Glauben in schwarz-weiße Momentaufnahmen bannen. Der Münchener Fotograf ist zudem Ethnologe und hat so einen besonders klaren Blick auf die religiösen Riten und Bräuche in Süditalien – und deren wichtigsten sind eben in der Passionswoche. Eröffnung: morgen, 20 Uhr, Fabrik Fotoforum bei Grauwert, Telemannstr. 27, Mo-Fr 9-18 Uhr, bis 22. Mai

Schon mittelalterliche Kirchenfußböden spielten mit dem Effekt, aber erst Victor Vasarely hat die Reihungen kontrastierender Quadrate in seiner „OP-ART“ zum Tafelbild erhoben. Durch endlose Wiederholung im angewandten Bereich und Beschäftigung zahlreicher ausführender Gehilfen zeitweilig in Mißkredit geraten, ist nun in diesem Jahre des 90. Geburtstags eines Meisters der konkreten Kunst dieses Jahrhunderts zu gedenken. Eröffnung: Dienstag, 18 Uhr, Chapel Art Center, Bebelallee 153, Di-Do, 14-18 Uhr, bis 12. Juni

In brüchiger Ästhetik von Grautönen gestaltet Jupp Linssen seine Öl- und Zinkblechbilder. Der Aachener Maler steigert dabei den Materialaspekt oft bis zu plastischen Additionen, zu übereinandergelagerten Sandwich-Bildern oder ganzen Paletten voller Malwerke. Galerie Gardy Wichern, Alter Steinweg 1, Di-Fr 12-18, Sa 11- 15, Do bis 20 Uhr, bis 3. Mai

Drei Kojen, drei Ausstellungen: Marnie Moldenhauer strickt dem Staubsauger ein grünes Gewand und verändert die Wahrnehmung von Alltagsmaterialien so überzeugend, daß sie zu der kleinen Gruppe gehört, die zur ArtGenda, dem Festival junger Kunst des Ostseeraumes, nach Kopenhagen eingeladen wurde. Im nächsten Raum bearbeitet Nicole Wermers ihre Jugend-Traumata durch Modellräume von Schlafsälen und verbarrikadierten Kinderzimmern. Und im Kabinett für Zeichnung: Arbeiten von Ingrid Beckmann, Hamburg-Stipendiatin von 1992. KX/Kampnagel, Jarrestr. 20, Do-Sa, 16-20 Uhr, bis 20. April

Josch