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Kritik am Trick von Peres

■ Das angekündigte Referendum soll den israelischen Wahlkampf entlasten

Tel Aviv (taz) – Der Plan des israelischen Ministerpräsidenten Schimon Peres, ein Referendum über ein endgültiges Autonomieabkommen mit den Palästinensern abzuhalten, ist von den meisten israelischen Parteien als „Wahlkampftrick“ scharf kritisiert worden. Auch Jassir Arafat, Chef der palästinensischen Autonomiebehörde, lehnte den Vorschlag ab. Er verstoße gegen den Grundlagenvertrag zwischen Israel und der PLO, sagte Arafat gestern in der Stadt Gaza. Der palästinensische Justizminister Freih Abu Medein bezeichnete die Erklärung von Peres als einen gegen den Friedensprozeß gerichteten Todesstoß.

In Israel stieß der Vorstoß auch beim linksgerichteten Koalitionspartner Meretz auf Kritik. Knessetmitglied Dedi Zucker lehnt ein Referendum ab, weil damit die letztendliche Entscheidung über den Friedensprozeß der schwankenden Wählermeinung überlassen werde. Mit dieser Geste, die rechtsorientiertere Wähler für die Arbeitspartei gewinnen soll, würden dem Friedensprozeß mit den Palästinensern, der in einer schweren Krise stecke, noch zusätzliche Hindernisse in den Weg gestellt. Jossi Sarid, Minister für Umweltschutz und ebenfalls Meretz-Mitglied, meinte, es wäre viel sinnvoller, bei den Wahlen am 29. Mai Unterstützung für ein klares Friedensprogramm zu suchen.

Der Führer des rechten Likud- Blocks, „Bibi“ Netanjahu, reagierte auf die Erklärung des Ministerpräsidenten und Spitzenkandidaten der Arbeitspartei mit dem Hinweis, daß ein Referendum die zentrale Kontroverse über die Abkommen mit Syrien und den Palästinensern aus dem Wahlkampf heraushalten und Peres den Sieg sichern soll. „Peres zieht es im Wahlkampf vor, zu umstrittenen politischen Fragen möglichst wenig auszusagen“, erklärte Netanjahu.

In Israel ist der Gedanke an einen völligen Rückzug aus den besetzten Gebieten im Zusammenhang mit Abkommen mit Syrien und den Palästinensern unpopulär. In Kreisen der Arbeitspartei wird Peres' Schritt daher als eine „Enlastung“ des Wahlkampfs gesehen. Die Verschiebung aller wichtigen Entscheidungen wird hier als ein kluges Manöver gewertet, das den Likud vorerst entwaffnet und wahrscheinlich einen Teil der noch unentschiedenen Wähler auf die Seite von Peres bringen kann. Amos Wollin

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