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US-Polizisten prügeln auf Illegale ein

Mexiko hat offiziellen Protest gegen die Behandlung illegal in den USA lebender Landsleute eingelegt, nachdem Videos eine Prügelorgie gegen zwei MexikanerInnen belegen  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Man möchte meinen, daß sich die Polizei in und um Los Angeles seit dem Fall Rodney King mit Schlagstockeinsätzen etwas zurückhält. Aber vermutlich dachten die beiden Angehörigen des „Sheriff's Department“ von Riverside County nicht im Traum daran, daß sie jemand filmen könnte, als sie am Montag an der Autobahn zwischen Los Angeles und der mexikanischen Grenze auf zwei Insassen eines Kleinlasters einprügelten. Doch der Kameramann eines lokalen Fernsehsenders – vermutlich auf der Suche nach Staubildern – filmte den Vorfall aus einem Hubschrauber und löste damit einen Aufschrei der Empörung dies- und jenseits der Grenze aus.

Denn bei den Geprügelten handelt es sich um eine Mexikanerin und ihren Landsmann, zwei von zwanzig vermutlich illegalen Immigranten, die die Polizei zuvor auf eine halsbrecherische Verfolgungsjagd über die Autobahn geführt hatten. Nach Angaben der Behörden hatte der Fahrer auf das Gaspedal getreten, als er bei Temecula, rund 90 Kilometer von der US-mexikanischen Grenze entfernt, eine Straßenkontrolle der US-Einwanderungsbehörde entdeckte. Verfolgt von mehreren Streifenwagen bremste er nach einigen Kilometern schließlich auf dem Seitenstreifen, wo achtzehn der Insassen von der Ladefläche sprangen und zu Fuß weiterflohen. Der Fahrer und die Frau, die keinerlei Anstalten machten, zu fliehen oder sich zu wehren, wurden von den beiden weißen Sheriffs mit Stockschlägen und Fußtritten traktiert – auch dann noch, als beide regungslos am Boden lagen. Beide erlitten Prellungen, der Mann mußte wegen eines angebrochenen Ellenbogens im Krankenhaus ärztlich behandelt werden.

Der Vorfall wäre vermutlich nie bekannt geworden, hätte wenige Meter über dem Geschehen nicht eine Kamera gesurrt. Bürgerrechtsgruppen in Südkalifornien haben in den letzten Jahren immer wieder auf Übergriffe gegen illegale Immigranten hingewiesen. Doch in aller Regel erstatten die Betroffenen aus Angst keine Anzeige – oder sind längst abgeschoben, bevor sie dazu Gelegenheit hätten.

Zumindest gegenüber der Presse gab sich der Sprecher des Sheriff-Büros bekümmert. Er wolle die Gewaltanwendung seiner Kollegen nicht leugnen, erklärte Mark Lohman vor Journalisten, „sonst würden Sie mich ja auslachen. Wir haben die Bilder gesehen und die Sache ist uns höchst unangenehm.“ Was ihm nun unangenehm ist, ließ der Sprecher offen: Das Verhalten seiner Beamten oder der Umstand, daß es auf Video dokumentiert worden ist. In Washington ließ das FBI verlauten, es erwäge Ermittlungen gegen die beiden Sheriffs wegen Verletzung der Grundrechte der beiden Einwanderer.

In Mexiko lösten die Bilder der prügelnden Sheriffs weit mehr Empörung aus als in den USA. Die mexikanische Regierung legte in Washington formalen Protest ein. In Mexiko-Stadt hatte man in den letzten Jahren immer wieder gegen die zunehmende Militarisierung des US-amerikanischen Grenzschutzes protestiert.

Die Spannungen zwischen beiden Ländern wuchsen, als der kalifornische Gouverneur Pete Wilson seinen Wahlkampf auf ein Volksbegehren konzentrierte, daß illegalen Immigranten und ihren Kindern Zugang zu staatlichen Gesundheitseinrichtungen und Schulen verwehren sollte. Das Volksbegehren wurde angenommen, von einem Bundesgericht jedoch wenig später auf Eis gelegt. Auch in diesem Präsidentschaftswahlkampf buhlen sowohl Bill Clinton als auch Bob Dole mit dem Versprechen um Wählerstimmen, härter gegen illegale Einwanderung vorzugehen.

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