Millionen im Schuhkarton

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den European Kings Club. Knapp 100.000 Kunden sind geprellt worden  ■ Aus Frankfurt am Main Klaus Peter Klingelschmitt

Sie schleppten die Scheine in Schuhkartons oder Kleidersäcken mit sich herum. Sie feierten für rund zwei Millionen Mark in einem Kölner Nobelhotel ein rauschendes Fest mit Jennifer Rush und Udo Jürgens. Und ihr Ehrenpräsident hieß Michail Gorbatschow, für dessen Stiftung sie eine Spende von 200.000 Mark ausschütteten.

„Peanuts“ heißt so etwas nebenan bei der Deutschen Bank. Auch Damara Anna Herta Bertges, ihr Ehemann Harald und ihre Freunde Hans Günther Spachtholz und Andreas Rast haben mit Geld gehandelt. Leider nur teilweise mit echtem. Zwar haben etwa 94.000 Gutgläubige fast zwei Milliarden Mark in harten Währungen an die fantastischen Vier bezahlt. Aber was sie dafür bekamen, waren nur Blaue Briefe (Blue Letters) des „European Kings Club“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Irgend einen Gegenwert besaßen sie nicht.

Deshalb müssen die vier jetzt vor der 12. Strafkammer am Landgericht in Frankfurt antanzen. Die Staatsanwaltschaft am Landgericht hat am Donnerstag ihre Anklageschrift gegen Bertges und Bertges und ihre beiden Kumpane eingereicht: Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Betrug und verbotene Bankgeschäfte. Noch vor dem Strafprozeß hat am Amtsgericht in Frankfurt ein „bislang einmaliges Konkursverfahren“ begonnen, wie der Sequester, der amtlich bestellte Verwahrer, Gerhard Walter, feststellt. Er schlachtet das Restvermögen des European Kings Club aus. Die Betrogenen können Ansprüche geltend machen, Hoffnungen auf Geld sollten sie allerdings dahinfahren lassen. Nur noch schlappe 3,5 Millionen Mark konnte die Staatsanwaltschaft sicherstellen.

Der Kings Club funktionierte nach dem Pyramidenspielsystem. Zum Stückpreis von 1.200 Mark verkauften Bertges und ihre Helfershelfer die „Blauen Briefe“, kassierten 200 Mark Provision und versprachen dafür Traumrenditen von mehr als 70 Prozent. Solange sich genug Dumme fanden, die das für diese Versprechen Geld einzahlten, konnten die älteren Einlagen tatsächlich monetär befriedigt werden. Begeistert investierten die Glücklichen dann oft ihr Kapital samt Rendite erneut beim königlichen Club – bis der Geldfluß stockte und das System nicht mehr funktionierte.

Selbst dann hielt der Glaube an das fantastische Geld noch an: Als die Polizei die Präsidentin Bertges in Basel verhaftete, kam es zu Massendemonstrationen der Geprellten nicht etwa gegen Bertges, sondern gegen die Banken, die sich unliebsame Konkurrenz hätten vom Halse schaffen wollen...