: Sicherheitsdienst sauer auf Kinkel
PKK: Morddrohungen gegen Außenminister kommen nicht von uns. Verdacht gegen türkischen Geheimdienst. Länder gegen Aufhebung des Verbotes von 20 kurdischen Vereinen ■ Annette Rogalla
Berlin (taz) – Außenminister Klaus Kinkel hat seinen Sicherheitsdienst vergnatzt. Anfang der Woche hatte er beteuert: „Gegen mich hat es Morddrohungen von PKK-Anhängern gegeben, die ich ernst nehme.“ Seine nicht namentlich genannten Sicherheitsleute werfen ihm im Focus vor, ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen zu haben. Morddrohungen würden nicht öffentlich gemacht, schon um gefährliche Trittbrettfahrer-Effekte zu vermeiden. Dies hätte Klaus Kinkel als ehemaliger Chef des Bundesnachrichtendienstes selbst am besten wissen müssen.
Unterdessen hat der politische Arm der PKK, die ERNK, erklärt, die Morddrohungen stammten nicht aus PKK-Kreisen. Und auch der renommierte Internationale Verein für Menschenrechte in Kurdistan (IMK) bezweifelt, daß die Drohung an Kinkel echt ist. Sertac Bucak, IMK-Vorsitzender, sagte der taz, er halte die ERNK- Erklärung für „absolut glaubwürdig“. In seinem letzten Interview habe PKK-Chef Öcalan eine Taktik der Kompromisse angedeutet. „Er hat sich zum ersten Mal für PKK-Auseinandersetzungen entschuldigt, verlangt keinen autonomen Kurdenstaat mehr und vor allem weiß er, wie wichtig die Rolle Deutschlands bei einem kurdisch- türkischen Dialog ist.“
Nachdem Kinkel die Morddrohungen erwähnt habe, sei die Stimmung gegenüber Kurden „explosiv“ geworden. Bucak sagte: „Jeder, der der kurdischen Sache schaden will, findet zur Zeit die allerbesten Voraussetzungen dafür.“ Er schließt nicht aus, daß der türkische Geheimdienst dahinter steckt.
Weiterhin ist unklar, wann, von wem und wo Klaus Kinkel bedroht wurde. Selbst Mitglieder der CDU-Bundestagsfraktion verlangen Aufklärung. Armin Laschet, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Auswärtiges, sagte gestern zur taz: „Es muß klargestellt werden, wie der Widerspruch zwischen der Drohung, von der Kinkel spricht, und der PKK-Distanzierung zustande kommt.“
Vor einigen Tagen schon hatte das Bundesinnenministerium aus formalen Gründen die 1993 verhängten Verbote von 20 örtlichen Kurdenvereinen aufgehoben, denen PKK-Nähe vorgeworfen wurde. Ein Ministeriumssprecher sagte, das Bundesverwaltungsgericht vertrete die Auffassung, für ein Verbot dieser Gruppen seien die Länder zuständig. Deswegen habe sich Manfred Kanther (CDU) dazu entschlossen. Er halte aber diese Vereine nach wie vor für „verbotsbedürftig“. Nordrhein- Westfalen, wo zehn der 20 Vereine ansässig sind, zeigte sich von der Aufhebung des Verbots überrascht. Es werde „mit Hochdruck“ geprüft, ob das Land seinerseits ein Verbot aussprechen werde, sagte eine Sprecherin des Düsseldorfer Innenministeriums. Auch in Hamburg wird ein Verbot des „Kurdischen Kulturzentrums“ geprüft.
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