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Kurze Zeit später gibt es Familie Jeha nicht mehr

■ Der Hubschrauber kam aus dem Nichts. Sekunden später waren sechs Menschen tot

Familie Jeha hatte keine Chance. Der israelische Kampfhubschrauber tauchte am Samstag nachmittag urplötzlich am Himmel auf, direkt über dem libanesischen Krankenwagen, in dem Vater, Mutter und die vier Kinder sowie acht weitere Insassen unterwegs waren. Ein paar Sekunden später gibt es Familie Jeha nicht mehr. Der dreijährigen Seina wird von der Rakete der Kopf zerfetzt, auch ihr Vater ist sofort tot. Die vierjährige Leila, der fünfjährige Hassan und ihre Mutter sterben kurz darauf in einem Krankenhaus in Tyrus. Die erst vier Wochen alte Mona stirbt in einem Hospital in Sidon. Ein israelischer Armeesprecher sagt später zu dem Vorfall, der Krankenwagen habe „einem bekannten Terroristen der Hisbollah“ gedient. „Falls andere Menschen getroffen wurden, wurden sie von der Hisbollah als lebende Schutzschilde benutzt.“

Gegen 14.30 Uhr Ortszeit war der beigefarbene Krankenwagen der „Muslimischen Pfadfinder“, einer lokalen karitativen Einrichtung, unterwegs. Er sollte die letzten Bewohner der kleinen Ortschaft Kleile evakuieren. Am Freitag war Kleile von der israelischen Luftwaffe bombardiert worden. Familie Jeha und acht weitere Bewohner besaßen kein Auto und waren auf Hilfe angewiesen.

Als die Ambulanz auf eine Straßenkreuzung fährt, nur 50 Meter von einer Straßensperre der UN- Truppe Unifil entfernt, taucht der israelische Hubschrauber auf. Die Wucht der Rakete schleudert den Wagen gegen die Wand eines Hauses. Die nicht zur Familie Jeha gehörenden Insassen werden alle verletzt, zum Teil schwer.

Die UN-Soldaten von den Fidschi-Inseln alarmieren einen Krankenwagen, der zehn Minuten später eintrifft. Die Sanitäter versorgen zunächst die Kinder. Aus dem Heck des zerstörten Wagens ragt ein Arm. Hundert Meter weiter stoppen zwei verletzte Frauen das Auto von Journalisten und werden von ihnen in ein Krankenhaus nach Tyrus gebracht. Salim Yassine (AFP), Beirut

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