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Verdunkelungsgefahr für vier Fenster

■ Altona: Behinderten-Wohnprojekt droht an rot-grüner Koalition zu scheitern Von Heike Haarhoff

Von dem geplanten „barrierefreien Wohnprojekt“ an der Ecke Eifflerstraße 24/Lippmannstraße im Schanzenviertel geht extreme Verdunkelungsgefahr aus: Vier Fenster des angrenzenden Wohnhauses Lippmannstraße 71 – einzige natürliche Lichtquelle für die dahinterliegenden Zimmer – müßten zugemauert werden, wenn die Baulücke auf dem städtischen Grundstück mit einem fünfstöckigen Haus geschlossen wird.

Das aber hält die Altonaer rot-grüne Bezirkskoalition für die dort lebenden MieterInnen für unzumutbar: Am Donnerstag kippte sie im Hauptausschuß gegen die Stimmen von CDU und Statt Partei die Baugenehmigungs-Bewilligung für das 2000-Quadratmeter-Haus mit Kita und 19 behindertengerechten Wohnungen, mit der die Baubetreuerin Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg), das Architektenbüro Planerkollektiv und der private Investor fest gerechnet hatten. Per Beschluß wollen GAL und SPD die Verwaltung zwingen, die Baugenehmigung für das Wohnprojekt nur dann zu erteilen, wenn zwischen den beiden Häusern ein Abstand von mindestens 1,30 Meter gewahrt bleibt: „Ansonsten entstehen im Nachbarhaus pro Wohnung 15 Quadratmeter Dunkelkammer“, klagen die Fraktionschefs Horst Emmel (SPD) und Olaf Wuttke (GAL).

„Das ist ein Husarenritt des Olaf Wuttke“, spricht Steg-Sprecher Rüdiger Dohrendorf dem Grünen „stadtplanerische Kompetenz ab“. Ziel der Sanierung sei, bestehende Baulücken zu schließen; hier aber schaffe man sie bewußt: „Wegen vier popeliger Fenster, deren Einbau seinerzeit mit Widerrufsrecht genehmigt wurde, droht jetzt das gesamte Wohnprojekt zu scheitern.“ Jede zeitliche Verzögerung treibe die Baukosten (7,5 Millionen Mark) in die Höhe: Für ein quasi frei stehendes Haus müsse die Planung neu aufgerollt, die Statik neu berechnet werden. Das Gesamtkonzept sei gefährdet. „Die Planungen wurden auf die künftigen Wohngruppen ausgerichtet.“ Wenn jetzt die Wohnfläche pro Stockwerk – so die GAL-SPD-Forderung – um 15 bis 20 Quadratmeter reduziert würde, könnten einige ProjektteilnehmerInnen gar nicht mehr einziehen. Eine „konsensfähige Lösung“, auf die Emmel weiterhin hofft, sieht die Steg nicht: „Entweder wir bauen wie geplant, oder das Ding platzt.“

Ursprünglich hatte das Haus im Herbst 1997 fertig sein sollen. Weil alle Parteien das Konzept für sozial- und wohnungspolitisch begrüßenswert hielten und halten, ist die Empörung über die Interessenabwägung zugunsten der AltbewohnerInnen umso größer. Formaljuristisch ist das Zumauern der Fenster zwar zulässig. Mit einem Widerspruch des Bezirksamtsleiters gegen den Beschluß wird gerechnet: Das Baurecht sieht geschlossene Blockrandbebauung vor; die Fenster wurden nur unter dem Vorbehalt genehmigt, daß sie wieder verschwinden müssen. „So bedauerlich die Einzelfälle sind: Damit mußten die Bewohner rechnen“, findet Dohrendorf. Die Steg habe hierüber bereits 1991 informiert und keinerlei Widerstand feststellen können. Wuttke bestreitet dies.

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