Einmal Brötchen mit Briefmarke, bitte!

■ An drei Postschaltern gibt es ab April auch was zu essen

Lebensmittelgeschäfte, die einen Postservice anbieten, sind keine Neuheit mehr. Aber Postämter mit Tankstellensortiment? Ab Ende April wird es auch dieses geben, vorerst jedoch nur als Modellversuch. Was für die Kunden eine Serviceerweiterung ist, führt beim Einzelhandel zu heftiger Kritik: „Das ist ein weiterer Schritt, der zum Sterben der Tante-Emma- Läden führt“, beanstandet der Hauptgeschäftsführer des Berliner Einzelhandelsverbandes, Bernd von Schrötter. Von Schrötter mißfällt der Betriebsversuch der Deutschen Post AG, in ausgewählten Postämtern auch Waren des täglichen Bedarfs anzubieten. Er befürchtet, daß es bei positiver Resonanz auf das einjährige Pilotprojekt zu einer Erweiterung des Warenangebots kommen wird. Käme dann noch die Genehmigung erweiterter Ladenöffnungszeiten hinzu, könne von Wettbewerbsgleichheit keine Rede mehr sein.

An dem Pilotprojekt „Post plus“ beteiligen sich nach Angaben der Sprecherin der Deutschen Post AG, Christiane Claasen, bundesweit 20 Filialen. In Berlin werden es drei Postämter sein – in der Egon-Erwin-Kisch-Straße in Hohenschönhausen, am Zeltinger Platz in Frohnau und an der Torstraße in Mitte. Dort können die Kunden dann nicht nur Briefmarken kaufen und Geld abheben, sondern auch Zeitungen, Schreibwaren, abgepackte Lebensmittel und Getränke erwerben.

Die für dieses Projekt verantwortliche Post-Service-Gesellschaft (PSG), eine Tochtergesellschaft der Deutschen Post AG, habe auch an die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten gedacht, berichtet Claasen. Eine Sondergenehmigung sei bereits beantragt, jedoch vom Berliner Senat noch nicht genehmigt worden. Weitere Einzelheiten wollte die Sprecherin nicht nennen.

Die Post-Gewerkschaft sieht dieses Projekt mit sehr kritischen Augen. Der Berliner Landesvorsitzende Bernd Lindenau gibt zu bedenken, daß die Absicherung der Postbeamten und -angestellten unzureichend sei. Wenn sie in die „Post plus“-Filialen, die zur PSG gehören, wechseln wollten, würden sie ihren Beamtenstatus verlieren. Außerdem müßten sie dann Gehaltseinbußen in Kauf nehmen.

Weiterhin ungeklärt seien Arbeitszeitregelungen, Urlaubsanspruch und Kündigungsschutz. Die Gewerkschaft rate deshalb ihren Mitgliedern von einem Wechsel ab. Sinnvoller wäre es nach Aussage Lindenaus, wenn die Post- Service-Gesellschaft auf ihre eigenen Angestellten zurückgreifen würde, die schon im Buch- und Zeitungsverkauf arbeiten. Diese brauchten dann nur noch speziell auf die Aufgaben im Postdienst vorbereitet zu werden.

Die Sprecherin der Post AG sagt dagegen, daß die bisherigen Postmitarbeiter keinerlei Nachteile zu erwarten hätten und innerhalb von zwei Jahren zu ihrem alten Arbeitgeber zurückkehren könnten. Andrea Köhler (dpa)