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Dem tödlichen Brand folgt ein tiefes Schweigen

■ Die Düsseldorfer Flughafengesellschaft will keine Versäumnisse zugeben

Düsseldorf (taz) – Der Brandschutz auf dem Düsseldorfer Flughafen war 14 Tage vor der tödlichen Brandkatastrophe in einem lausigen Zustand. Das geht aus einem vierseitigen „vertraulichen Papier“ einer Expertenkommission hervor, über das der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe berichtet. In dem Dokument werden die Mängel festgehalten, auf die Experten bei der sogenannten Inaugenscheinnahme des Flughafens etwa zwei Wochen vor dem Brand am 11. April gestoßen sind.

An der „Brandschau“ waren neben der städtischen Brandaufsicht auch Vertreter der Airlines und der Flughafengesellschaft beteiligt. Unmittelbar nach dem Brand, bei dem 16 Menschen zu Tode kamen, hatte das Management des Flughafens zunächst erklärt, bei der Brandschau habe es keine relevanten Beanstandungen gegeben.

Nachdem in Pressemeldungen erste konkrete Mängel genannt wurden, brach die Verharmlosungsstrategie schnell zusammen. Schon zwei Tage nach dem Brand mußte Geschäftsführer Mathias Tümpel einräumen, daß der Flughafen „auf Mängel hingewiesen worden ist“. Es sei aber keine gravierende Beanstandung gewesen.

Bis zum Wochenende funktionierte die Dementimaschinerie nach dem altbekannten Muster: Zugegeben wird nur das, was ohnehin bekannt ist. Seit gestern herrscht nun Funkstille. Dazu, daß die Expertenkommission auch defekte Selbstschließanlagen, offene Wanddurchbrüche und fehlende Warnschilder („Aufzug im Brandfall nicht benutzen“) moniert hatte, will im Flughafenmanagement niemand mehr etwas sagen. Selbst die Frage nach der Kenntnis des zitierten Papiers blieb gestern unbeantwortet. Eckhard Mischke, Pressesprecher der Flughafengesellschaft: „Wir erklären dazu nichts mehr und verweisen auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen.“

Völlig gegenteilige Aussagen liegen zur Vorgeschichte der Schweißarbeiten an der Dehnungsfuge vor, von der das Feuer ausging. Während im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft davon die Rede war, daß ein Flughafenmitarbeiter die Schweißer darauf hingewiesen habe, die Arbeit dürfe nicht ohne Feuerwache beginnen, bestreiten die Arbeiter diese Darstellung. Diesen Gegensätzen geht die Staatsanwaltschaft mit neuen Vernehmungen nach. Daneben durchforsten die Ermittler 2.000 Ordner aus den Büros des Flughafens und weitere 50 Ordner der städtischen Bauaufsichtsbehörden. Mit konkreten Ergebnissen ist so bald nicht zu rechnen.

Noch schwieriger und langwieriger gestalten sich die Untersuchungen zum Brandverlauf und zu den Gesundheitsgefährdungen.

Die Reinigungsarbeiten in dem von den Flammen verschonten Terminal C gestalteten sich so schwierig, daß die in Aussicht gestellte Wiederinbetriebnahme immer wieder verschoben werden mußte.

Jetzt setzt die Flughafengesellschaft auf ein „Alternativkonzept“. Flughafensprecher Mischke hofft, durch Umbauten in den vom Brand verschonten Werkshallen und durch die Nutzung von fieberhaft errichteten Großzelten „den gesamten Jetverkehr innerhalb kürzester Zeit“ abwickeln zu können.

Die Hoffnung auf eine schnelle Wiederinbetriebnahme der mit Dioxinen und Furanen vergifteten Gebäude ist offenbar endgültig dahin. Erste Messungen des Rußes im Flughafengebäude hatten bis zu 123 Mikrogramm Dioxin pro Kilogramm ergeben, das Zehnfache des Grenzwertes der Gefahrenstoffverordnung. Orientierende Messungen der Raumluft im Flugsteig C haben in der vergangenen Woche eine Dioxinbelastung von 0,15 bis 0,99 Picogramm pro Kubikmeter ergeben. Der vom Bundesgesundheitsamt (BGA) angegebene allgemeine Interventionswert liegt bei 5 Picogramm. In Kindergärten sollte nach einer Empfehlung des BGA 0,5 Picogramm nicht überschritten werden. Nach Abschluß der Reinigungsarbeiten im Terminal C sollen weitere Dioxinmessungen erfolgen. Erst danach fällt die Entscheidung über die Wiederinbetriebnahme.

Auch wenn eine gutachterliche Erklärung für die hohen Dioxinwerte im Ruß noch aussteht, so hat der Brand nach den Worten von Hans Hermann Eggers, Chemiker beim Umweltbundesamt in Berlin, doch wieder deutlich gemacht, „welches Risiko PVC als Baustoff in sich birgt“. Düsseldorfs grüner Bauminister Michael Vesper, der schon vor Monaten die PVC- Lobby mit seiner Forderung nach einem Verzicht von PVC beim Bau zur Weißglut gebracht hatte, sieht sich nun bestätigt. Nicht nur aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes. Wenn PVC in großen Gebäudekomplexen brennt, wird es nicht nur gefährlich, sondern auch teuer. Den dioxinhaltigen Dreck und Ruß aus allen Ecken zu entfernen, kostet mitunter mehr als ein kompletter Neubau. Walter Jakobs

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