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„Ja mei, i war halt do“

Die Präsenz des neuen Bayern-Trainers Franz Beckenbauer legte beim 2:0 gegen Bordeaux im ersten UEFA-Cup-Finale „Qualitäten“ frei  ■ Aus München Nina Klöckner

Diesmal hat sich Franz Beckenbauer selbst überholt. Auf der ersten Seite der Stadion-Illustrierten Bayern Magazin grinst er einem wie gewohnt weltmännisch entgegen, um von den Heldentaten seines edlen Münchner Ensembles zu berichten. Nach zwei Jahrzehnten internationaler Dürre greift der FC Bayern München endlich wieder nach einem ganz dicken Pott. Und für dieses äußerst aussichtsreiche Unternehmen, versprach der Präsident des erfolgshungrigen Clubs schriftlich, drücke er der Mannschaft und dem Trainer – aufgepaßt! – Otto Rehhagel alle zur Verfügung stehenden Daumen.

Otto Rehhagel? Hä? Sollte dem Kaiser da etwa eine wichtige Neuerung entgangen sein? Hatte er schon vergessen, daß er, gemeinsam mit den Verantwortlichen seines Vereins, Otto vom und sich selbst auf den Trainersessel gekickt hatte? Entdeckt der Kaiser am Ende die Langsamkeit als menschenfreundliches Prinzip? Oder sollte sich beim unbedarften Zuschauer der Gedanke breit machen, die rasante Entwicklung beim deutschen Rekordmeister sei wirklich nicht geplant gewesen und völlig überraschend über die Bayern hereingebrochen?

Es darf spekuliert werden. Beckenbauer jedenfalls erschien pünktlich und in feinstes Tuch gehüllt, sanft in eine große Herde Journalisten wattiert, an seinem alten neuen Arbeitsplatz. Und zur Freude der 63.000 Zuschauerinnen und Zuschauer wurde zwischen dem ganzen Kaiser-Schmarrn auch Fußball gespielt. Und das vornehmlich von den Bayern, womit sich nach Spielschluß selbst Beckenbauer zufrieden erklärte, da er seine Kicker „konsequent und diszipliniert“ über den Rasen hatte schreiten sehen.

Was sollte er auch mäkeln: 2:0 gewonnen im Hinspiel des UEFA- Cup-Finales gegen Girondins Bordeaux, ein feines Polster, das für ruhigen Schlaf und beste Chancen auf den Gesamtsieg in vierzehn Tagen sorgt. Außerdem hatte er bei einigen Kickern „wieder Qualitäten ausgemacht“, die diese in den letzten Wochen geschickt zu verbergen wußten. Libero Lothar Matthäus und Thomas Helmer beispielsweise zeigten sich nicht nur defensiv harmonisch. Nach einer guten halben Stunde trat der Kapitän „wohl überlegt“ einen Eckball. Manndecker Helmer nickte kräftig ein zum 1:0.

Den „sympathischen Straßenfußballer“ Mehmet Scholl, der „manchmal durch zwei, drei Leute geht, ohne zu wissen, warum“, hatte Beckenbauer mit allen vorhandenen Freiheiten im Mittelfeld ausgestattet. „Die nach hinten hat er nicht genutzt“, sagt der Kaiser schmunzelnd. Die nach vorne dafür um so mehr. Nach einer Stunde ließ er ein paar französische Slalomstangen im Strafraum stehen und erhöhte auf 2:0.

Doch die eifrigen Franzosen sollten auch ihren Anteil haben. Erst schickte Ciriaco Sforza den französischen Nationalspieler Daniel Dutuel alleine zu Torwart Oliver Kahn, wenig später sah sich Thomas Helmer plötzlich getrieben, mit einem Lapsus in der Abwehr etwas für die deutsch-französische Freundschaft zu tun. Wäre Kahn nicht in Weltklasselaune und Papin und Sforza abwechselnd zur Rettung auf der Linie plaziert gewesen, hätten die Franzosen den Ball ein paarmal im Netz zappeln lassen. Und wenn Bordeaux-Trainer Gernot Rohr im Rückspiel wieder seinen Torjäger Christoph Dugarry und im Mittelfeld Zinedine Zidane auf den Rasen schicken darf, wird es nicht unbedingt kuschliger für Bayerns Hintermannschaft. Einen 0:2-Rückstand haben Rohrs Kicker daheim auch schon wettgemacht, vor nicht allzu langer Zeit gegen den ruhmreichen AC Mailand. So trat Jürgen Klinsmann kurz vor Schluß das Leder gerechterweise nicht ins Tor, sondern ins rot-blaue Fahnenmeer der Südkurve. Und Beckenbauer zeigte sich auch noch froh darum, denn „sonst kommt im Rückspiel die Nachlässigkeit“.

Kein Zweifel, er ist wieder da, der Franz, und gleich versorgt er Masse und Presse mit all dem, was sie beim kühlen Arbeiter Rehhagel so schmerzlich vermißt haben. Ein paar Worte übers Wetter, den einen oder anderen Halbsatz über Gattin Sibylle. Bescheidenheit an den Tag legend: „Ja mei, i war do, hab' a bisserl zug'sehn und a bisserl trainiert. In zwei Tagen kann man ja nicht viel ändern“, um sich fast im selben Atemzug zu revidieren: „Nach den letzten Spielen war es nicht schwer, eine Steigerung zu haben.“ Und wenn er spricht, schweigt das Volk und blickt bewundernd zu ihm auf. Die Aura dieses Mannes ist so unbeschreiblich wie unbegreiflich. Allein sein Ruf läßt die Fußballerwaden vielerorts strammstehen.

Wenn alles nach kaiserlicher Manier verläuft, kann Beckenbauer in drei Wochen zwei große Trophäen ins Volk recken. Dann werden sie ihm wahrscheinlich ein Denkmal setzen, draußen, an der Säbener Straße. Warum sie ihn im Freistaat so abgöttisch lieben, läßt sich leicht erklären. „Er ist die Reinkarnation von Franz Josef Strauß“, sagte Kabarettist Ottfried Fischer unlängst im Fernsehen. Und außerdem unfehlbar. „Nein“, so der Kaiser höchstpersönlich, er plane nicht, sein Engagement in der Presse im kommenden Jahr zu verringern. „Ich tue doch keinem weh. Ich bin ein höflicher Mensch, wenn ich gefragt werde, antworte ich.“ Armer Giovanni Trapattoni, hoffentlich lernt er nicht allzu schnell Deutsch. Doch für des Kaisers Kolumne reicht's wahrscheinlich schon.

Zuschauer: 63.000; Tore: 1:0 Helmer (34.), 2:0 Scholl (60.)

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