■ Querspalte: Gell, da schaust!
Es mag für die Weltpolitik nur eine Randnotiz wert gewesen sein, daß in der Landesregierung von Baden-Württemberg das bislang eigenständige Umweltministerium aufgelöst und dem Verkehrsministerium zugeschlagen wurde. Doch Randnotizen, man weiß es, enthielten schon immer den eigentlichen politischen Sprengstoff.
Innovationen kommen schleichend daher, man bemerkt sie kaum, und plötzlich sind sie da. Denn was hier im Ländle nun geschieht, kann bald schon im ganzen Land das Beispiel dafür geben, wie man Probleme löst, indem man sie auflöst. Vater dieser alten Schule ist der Gründer der Umarmungstaktik, Marcus Iunius Brutus („Auch du, mein Sohn?“), der ein größeres personelles Problem seinerzeit dadurch löste, indem er es (Caesar) heftig an sich drückte. Dolchstöße von hinten wurden seither zur Legende und zu Tatsachen.
In der freien Wirtschaft beispielsweise ist das Umarmen und anschließende Ersticken gang und gäbe. Erst kauft man die Konkurrenz, dann löst man sie auf. Warum also nicht auch in der Politik so verfahren?
Schlage darum also vor, das Sozialministerium mit dem Finanzministerium zu verkoppeln. Gell, da schaust, Norbert Blüm! Schwuppdiwupp gibt's dich und deine Probleme nicht mehr.
Insofern hat der baden-württembergische Ministerpräsident doch völilg recht, wenn er sagt: „Wer Straßen baut, soll auch dafür sorgen, daß sie umweltverträglich sind.“ Umwelt und Verkehr sind schließlich keine Gegner, sondern Partner, was man an der schönen Bezeichnung „Straßenbegleitgrün“ schon ziemlich gut ablesen kann.
Man darf also wohl zu Recht annehmen, daß der neue Impuls aus dem Autofahrerland Bawü zu ganz neuen Bewertungen führen wird: Ausbau des Autobahnnetzes ist Biotopvernetzung. Verzicht auf Geschwindigkeitsbeschränkung ist der Beweis für die Mündigkeit der Bürger. Umwelt, gell, da schaust! Philipp Maußhardt
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