: Norwegen: Die Ethik des Waltötens
■ Norwegen schult die Walfänger in Ethik – und verdoppelt die Fangquote
Oslo (taz) – 217 Wale haben Norwegens Walfänger im letzten Jahr harpuniert. 425 dürfen es in der diesjährigen Saison vom 20. Mai bis 18. Juli sein. Dies hat die Regierung in Oslo am Samstag ohne Rücksicht auf das von der Internationalen Walfangkommission (IWC) verhängte allgemeine Walfangverbot beschlossen. Man sei zu dieser Quote aufgrund eigener Berechnungen über den mutmaßlichen Walbestand gekommen, erklärte Halvard Johansen vom Fischereiministerium. Norwegen geht von einem Bestand von 110.000 Zwergwalen im Nordatlantik aus, fast doppelt so viel wie die vorsichtigeren IWC-Schätzungen. Vergangenes Jahr hatte das Ministerium die zunächst erlaubte Quote von 300 Tieren um fast ein Drittel gekürzt, weil man sich angeblich „verrechnet“ habe.
Im Hinblick auf die zu erwartenden kritischen Reaktionen von NaturschützerInnen im Ausland hat man in Oslo gleich zweifach vorgesorgt. Die Besatzungen aller Walfangboote – rund 35 bis 40 – müssen obligatorische Kurse zum Thema „Ethik des Waltötens“ besuchen. Tierärzte und Walfanginspekteure sollen diese Kurse geben, über deren Inhalt man sich beim Fischereiministerium noch nicht konkret äußern wollte. In den letzten Jahren hatten immer wieder Berichte für internationale Empörung gesorgt, wonach Wale so schlecht harpuniert wurden, daß sie teilweise erst nach mehr als halbstündigem Todeskampf verendeten. Das Fischereiministerium will daher auch wieder auf jedem Boot einen staatlichen Fanginspekteur stationieren.
Kosten Inspekteure und Kurse die Staatskasse bereits mehr als vier Millionen Kronen (eine Million Mark), wird vom Außenministerium ein etwa gleich hoher Betrag für „Informationstätigkeit“ angesetzt. Damit sollen über die norwegischen Botschaften nicht nur bunte Broschüren verteilt werden, die das Walschlachten verteidigen. Im letzten Jahr hatte man zudem damit angefangen, ausländischen JournalistInnen recht luxuriöse „Informationsreisen“ auf die Lofoten-Inseln zu spendieren. Die überwiegend positiven PR- Artikel über den Walfang erregten offenbar solch großes Gefallen in Oslo, daß dieses Programm nun mit verstärktem Budget wiederholt wird. Reinhard Wolff
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