Ohne Recht in Ordnung

■ Telekom: Betriebsratswahlen ohne Rechtsgrundlage findet Postgewerkschaft trotz Niederlage vor Gericht nicht gar so schlimm Von Stefanie Winter

Ohne gültigen Zuordnungstarifvertrag wählen Beschäftigte der Telekom – in Hamburg und bundesweit – seit gestern ihren Betriebsrat. Die Wahlen werden somit anfechtbar und im schlimmsten anzunehmenden Fall nichtig sein. Lediglich für den Bereich der Hamburger Niederlassung 5 – zu dem auch ein Betriebsteil in Lübeck gehört – wurden die Wahlen bis zur rechtskräftigen Genehmigung des Tarifvertrags ausgesetzt. Das Landesarbeitsgericht entsprach mit diesem Beschluß vorgestern einem Antrag dreier Lübecker Mitarbeiter, der erst wenige Tage zuvor vom Arbeitsgericht Hamburg abgelehnt worden war (taz berichtete).

Bereits in der vergangenen Woche hatte der derzeit in der Niederlassung 5 amtierende Betriebsrat erklärt, trotz des offenkundigen Rechtsfehlers nicht in die laufenden Wahlen eingreifen zu können. Gestern schloß sich die Bezirksverwaltung der Deutschen Postgewerkschaft mit der Diagnose „organisatorisch nicht machbar“ dieser Haltung an. Obendrein hält es Gewerkschaftssekretär Jochen Filon „im Interesse der Beschäftigten“ für wichtiger, den „ziemlich ausgebluteten“ Übergangsbetriebsrat möglichst rasch durch eine „ordentliche Interessenvertretung“ ersetzt zu sehen.

Die erforderliche Zustimmung zum Tarifvertrag durch den Bundesarbeitsminister sei letztlich eine Formalie, meint Filon, da die „entscheidenden Verbände“ sich bereits geeinigt hätten. Obendrein seien nur „äußerst wenige“ Niederlassungen von dem Zuordnungstarifvertrag betroffen. Dieser Vermutung widerspricht Stephan Althoff, Pressesprecher der Deutschen Telekom AG in Bonn. In Hamburg und bundesweit seien die meisten Niederlassungen betroffen, da viele mit Außenstellen arbeiteten. Am Wahltermin trotzdem festgehalten habe man „im Interesse der Sozialpartner“. Bundesweit, außer in Lübeck, gebe es darüber keinen weiteren Dissens.

Nach Kenntnis von Rechtsanwalt Michael Kröger, der die Lübecker Antragsteller vertritt, befindet sich die „Formalie“ noch mitten im Genehmigungsverfahren. Der Anwalt des Wahlvorstandes habe bei der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht einen Vertrag präsentiert, der erst am Vortag unterzeichnet worden war.

Die Postgewerkschaft will nun ausloten, wie sie rechtlich mit der Situation umgehen wird. „Das ist unglücklich gelaufen“, räumt Filon ein, könne aber nicht über Nacht gestoppt werden. Sollte die Wahl für nichtig erklärt werden, bestünde die Gefahr einer betriebsratlosen Zeit. Nicht nur das Gericht erkannte den Rechtsfehler: „Da, wo der Zuordnungstarifvertrag greift, sehen wir das auch“, so Filon. Er frage sich aber, wer überhaupt ein Interesse haben sollte, dies durch Anfechtung einer „freien und demokratischen Wahl“ zu erreichen.