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Britische Regierung kämpft für Gelatine-Export aus dem Königreich

■ Agrarminister Hogg braucht dringend einen symbolischen Erfolg, um daheim eine Massenschlachtung durchzusetzen

Brüssel (taz) – Die Briten geben nicht auf. Heute wollen sie erneut beim Ständigen Veterinarausschuß in Brüssel eine Lockerung des Exportverbots für Rinderprodukte erreichen. EU- Agrarkommissar Franz Fischler hat Hoffnungen genährt, daß die Briten spätestens ab nächster Woche wieder Gelatine und Talg ausführen dürfen.

Der britische Landwirtschaftsminister Douglas Hogg braucht offensichtlich einen schnellen symbolischen Erfolg. Deshalb konzentrieren die Briten ihre Lobby-Anstrengungen derzeit ganz auf einige Nebenprodukte, die wie Gelatine und Talg kaum BSE-Gefahren mit sich bringen dürften.

Gelatine wird aus Knochen und der Innenhaut (Spalt) von Rindern oder Schweinen gewonnen. Das Eiweißprodukt wird nicht nur in Gummibärchen, sondern auch in Joghurts und vielen anderen Nahrungsmitteln als Dickungsmittel eingesetzt. Der wissenschaftliche Veterinärausschuß, der nur beratende Funktionen ausübt, hatte Ende April die Verwendung britischer Gelatine für unbedenklich erklärt, wenn bei der Produktion bestimmte Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden.

Dasselbe gilt für Rindertalg. Dieser wird in Kosmetika, Arzneimitteln, aber auch als Tierfutter und bei der Herstellung von Pommes frites verwendet. In der Hoffnung auf bessere Zeiten wird der britische Rindertalg derzeit einfach gelagert. Langsam kommt es jedoch zu logistischen Problemen, da das Fett konstant auf einer Temperatur von 60 Grad Celsius gehalten werden muß.

Die Industrieinteressen sind jedoch kaum der wesentliche Ansporn für das Engagement der britischen Regierung. Britische Süßspeisenhersteller, die auch auf das europäische Festland liefern, haben sich längst mit importierter Gelatine eingedeckt. Auf dem Etikett vermerken sie ausdrücklich „with imported gelatine“. Marktbeobachter glauben, daß sich an dieser Verkaufsstrategie auch nach einer Aufhebung des Gelatine-Banns nichts ändern würde.

Immerhin könnte die britische Regierung mit einem symbolischen Erfolg zu Hause leichter die vom EU-Agrarministerrat angemahnten Schlachtpläne durchsetzen. Dies dürfte auch der Hauptgrund sein, warum Agrarkommissar Franz Fischler (Österreich) am Montag abend mit dem Vorschlag vorpreschte, er werde heute der Kommission eine Aufhebung des Embargos auf Gelatine und Talg vorschlagen. Selbst wenn die Kommission Fischler folgt, dürfte der Vorschlag für die heutige Sitzung des Ständigen Veterinärausschusses zu spät kommen. Eine Sondersitzung des Gremiums für nächste Woche ist daher bereits angekündigt. Christian Rath

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