: Gesucht: Vormünder für jugendliche Flüchtlinge
■ Kinderschutzbund startet Projekt für die 3000 Kids, die ohne Eltern Asyl suchen
Die Kids, fast ausschließlich Jungen, kommen per Schiff, Flugzeug oder sonstwie in diese Stadt, als blinde Passagiere oder an der Hand fremder Menschen. Hamburg verspricht Zukunft. Für Karoline Korring sind es „Zeitzeugen“: die rund 8000 alleinreisenden, unmündigen Flüchtlinge in Deutschland. 3000 von ihnen leben in Hamburg, und Korring ist eine der wenigen BetreuerInnen. Ein gestern gestartetes Projekt des Deutschen Kinderschutzbunds (DKSB) soll den Jugendlichen helfen. Der DKSB wirbt um HamburgerInnen, die für die Kinder Vormundschaften übernehmen.
Die Kids leben in der Regel in bezirklichen Jugendwohnungen. Wenn sie einen älteren Eindruck machen, steckt das Jugendamt sie auch manchmal in Container-Unterkünfte für Asylsuchende. Als Asylsuchende werden alle geführt, gleich, ob zehn oder achtzehn. Jeder muß einen eigenen Asylantrag stellen. „Völligen Blödsinn“ nennt das Karoline Korring. Die Behörden führen die Jungen danach als „unbegleitete Flüchtlingskinder“. Die elterliche Sorge wird einem Amtsvormund übertragen, der für über 100 Kinder zuständig sein kann. Dort gehen sie leicht im Dutzend unter.
Das Jugendhilfegesetz sagt zwar, daß vorrangig Einzelvormünder bestellt werden sollen, in Hamburg aber gibt es davon nur wenige. Den „Dutzendkindern“ mangelt es an emotionalen und sozialen Kontakten. Auch fehlen ihnen Menschen, die mit ihnen Behördengänge erträglich machen und sie in Schulfragen betreuen. Die Hälfte der Jungs ist unter sechzehn Jahre alt und „besonders entwurzelt“, wie der Hamburger DKSB-Vorsitzende, Professor Wulf Rauer, beobachtet hat. Er wünscht sich für sie dringend mehr menschliche Zuwendung.
Privatleute, die den Kids als Vormund etwas mehr Geborgenheit und Chancen geben möchten, brauchen mindestens einmal die Woche einige Stunden Zeit. Daneben sollten sie offen für fremde Kulturen und ein wenig couragiert sein. Möglich ist auch die Vormundschaft von Eheleuten. „Einzelkämpfer sind nicht gefragt“, umschreibt es DKSB-Geschäftsführer Uwe Hinrichs, der Sprachschwierigkeiten für zweitrangig hält. „Die Kinder lernen schnell.“ Einem Vormund entstehen keine besonderen Kosten, auch haften muß er für sein Mündel kaum. Für die Unterbringung und Versorgung der Kinder ist ja gesorgt, versicherungsrechtlich handelt es sich um „betreutes Wohnen“.
Nicht ganz ohne Neid blickt manches Jugendamt auf das DKSB-Projekt, das sich vorerst aus Spenden finanziert. Für Projekte, die ausschließlich Flüchtlingskindern zugute kommen, stehen zwar keine besonderen Mittel bereit. Aber Bewegung im Hamburger Vormundschaftswesen wird in Jugendamtskreisen durchaus begrüßt. Auch könnten manche Verfahren so deutlich beschleunigt werden. Bislang nimmt die amtliche Bestellung eines Vormunds drei bis vier Monate in Anspruch.
Wer sich für eine Vormundschaft interessiert, wende sich an den DKSB (Eppendorfer Weg 7, 20259 HH, Tel. 439 29 79). Der DKSB wird InteressentInnen intensiv auf die Aufgabe vorbereiten und später bei allen Problemen unterstützen. „Wenn sich zwanzig Vormünder finden, wär's schon ein Erfolg“, sagt Korring. Fritz Gleiß
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